Die App für klimabewusste Planung: Das CBE Clima Tool

Nachhaltige Projekte sollten mit dem lokalen Klima in Einklang stehen. Ein neu entwickeltes Tool, das speziell auf Planungsprozesse zugeschnitten ist, liefert detaillierte Informationen zu den weltweiten Wetterbedingungen.

Ein Architekturentwurf entsteht durch die kumulative Reaktion auf Faktoren wie Kontext, Typologie, Budget und selbstverständlich auch Klima. Wie sind die Wetterverhältnisse in der Gegend, wo man baut, und wie beeinflussen sie ein Gebäude? Auf diese Frage liefert das CBE Clima Tool wertvolle Antworten. Das Open-Source-Tool hat das Forschungsteam von Prof. Giovanni Betti am Center for the Built Environment (CBE) der University of California, Berkeley entwickelt. Die Website ging 2021 online und wird kontinuierlich ausgebaut.

Und wie ist das Wetter in …?

Über „clima.cbe.berkeley.edu“ öffnet sich die Weltkarte im Browser. Zahlreiche blaue Punkte veranschaulichen die Dichte des Datensatzes. Ein Klick auf einen geografischen Punkt lädt die Klimaanalyse für den ausgewählten Standort, beispielsweise Taschkent. Die klimatischen Besonderheiten der Hauptstadt Usbekistans wie Temperatur, Feuchtigkeit, Sonneneinstrahlung, Wind oder Freiluft-Komfort sind in einzelne Tabs gegliedert. Jeder Tab öffnet eine Vielzahl an Parametern, die sich interaktiv justieren lassen. 

Nun wird es für die Nutzer*innen interessant. Denn das CBE Clima Tool ist nicht nur informativ, sondern analytisch. Es übersetzt außerdem komplexe Datensätze in eine grafische, für Architekt*innen verständliche Form. Die Analyseszenarien sind u. a. auf Jahres-, Monats- oder Tagesbasis anpassbar. Zum Beispiel lässi sich schnell herausfinden, dass man ein Gebäude in Taschkent im September 443 Stunden natürlich belüften könnte oder dass die diffuse horizontale Sonneneinstrahlung an einem Septembermorgen um 11 Uhr 142,0 Wh/m2 beträgt.

Die Daten stammen hauptsächlich aus zwei Quellen: der „climate.onebuilding.org“-Plattform mit über 30.000 Einträgen und der „Energy Plus“-Datenbank des US-amerikanischen Wetteramts. Darüber hinaus bezieht das Tool weitere Datenebenen ein und schafft so eine solide Grundlage für die Analyse. Was die Website jedoch nicht leistet, ist Prognosen zu formulieren und zukünftige Klimaveränderungen abzubilden. 

Ein benutzerfreundliches Tool für Lehre und Praxis

Nach Angaben des Forschungsteams verwenden bereits etablierte Architekturbüros wie Herzog & de Meuron, Bjarke Ingels Group, HENN oder ARUP sowie Studierendengruppen das CBE Clima Tool. Weltweit sollen etwa 5000  Nutzer*innen monatlich von dem Open-Source-Angebot im Planungsprozess Gebrauch machen. Das Tool eignet sich besonders für thermische und energetische Simulationen sowie klimabasierte Tageslichtanalysen. Dafür lassen sich für jeden Standort Dateiformate herunterladen, die mit den gängigen Softwares für 3D-Modellierung kompatibel sind.

Die Veranschaulichung der analysierten Parameter und Daten mithilfe von farbigen Diagrammen, Windrosen und Wärmekarten, die sich als editierbare Vektorgrafiken speichern lassen, ist für die Nutzenden aufschlussreich. Bald sollen auch psychometrische Diagramme verfügbar sein. Das Tool zeichnet sich außerdem durch eine didaktische Komponente aus: Jeder Parameter wird detailliert im sogenannten GitBook erklärt, sodass sich auch Laien nicht im Stich gelassen fühlen.