MUSE/UM/BAUEN: Lehrforschung zu Low-Tech im Kulturerbe-Bau

Am Entwurfsfachgebiet forschen? Das haben sich die Teilnehmenden eines Lehrforschungsprojektes am Natural Building Lab in Berlin vorgenommen und praxisnahe, ressourcenschonende Konzepte für „Memory Institutions“ entwickelt.

Bauten wie Museen oder Bibliotheken kommt die wichtige Aufgabe zu, das kulturelle Erbe zu bewahren und zu vermitteln. Aufgrund ihres hohen Ressourcenverbrauchs wirken sich diese Gebäude jedoch negativ im Hinblick auf die Klimakrise aus. Im Lehrforschungsprojekt „Muse|Um|Bauen“ haben sich Studierende unter der Leitung von Selina Schlez und Matthew Crabbe, Wissenschaftliche Mitarbeiter*innen des Natural Building Lab der Technischen Universität Berlin mit klimaangepassten Planungsansätzen, für diese sogenannten „Memory Institutions“ beschäftigt. Innerhalb ausführlicher Recherche- und Analysephasen galt es, mithilfe von Case Studies, die zentralen Herausforderungen für eine nachhaltige Transformation zu identifizieren und für die entsprechenden Bestandsbauten Konzepte zu erarbeiten. Ein Schwerpunkt lag auf der Entwicklung architektonischer Low-Tech-Maßnahmen, um den Ressourcenverbrauch dieser Gebäudetypen zu reduzieren. In einem vertiefenden Begleitseminar, geleitet von Aylin Akyildiz, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachgebiet Planungs- und Bauökonomie/Immobilienwirtschaft, sollten die Studierenden zudem das Arbeiten mit wissenschaftlichen Quellen erlernen.

Recherchieren, Analysieren und Verfassen

Mit einer Kombination aus architektonischen Werkzeugen und wissenschaftlichen Methoden sollten die Teilnehmer*innen ein tiefergehendes Verständnis für das ausgewählte Forschungsthema erlangen. Zuerst haben kleine Gruppen anhand einer Literaturrecherche verschiedene Quellen analysiert, verglichen und bewertet und dem Kurs in Form von Referaten nähergebracht. Anschließend sollte ein Artikel mit einer provokanten These und überzeugenden Argumenten für ein fiktives Architekturmagazin verfasst und grafisch aufbereitet werden. Dieser Prozess dient dem Kennenlernen einer vornehmlich forschenden und vermittelnden Arbeitsweise und sollte das Verständnis für die historische Entwicklung dieser Bauaufgaben, ihrer Nutzungskonzepte, den Leihbetrieb, die Konservierung und Low-Tech-Ansätze bei Kulturerbe-Bauten vertiefen.

Szenarios im Fallbeispiel denken

Nach der Recherchephase wurden die Studierenden dazu aufgefordert, durch Feldforschung konkrete Fallbeispiele solcher „Memory Institutions“ zu untersuchen. Dabei sollten unter Verwendung von Texten und architektonischen Werkzeugen, gebäudespezifische Fragen zu Funktionsweise, Ressourcennutzung, Herausforderungen, Potenziale und Vergleichbarkeit dieser Gebäude gestellt und beantwortet werden.

Im Verlauf des Prozesses betrachteten die Gruppen verschiedene Bestandsgebäude wie den Gropius Bau in Berlin oder das Kunstgewerbemuseum und das Bauhaus Museum in Weimar. Mit einer Zukunftsvision von Deutschland im Jahr 2045, geprägt von strengen Umweltauflagen und sozialen Umverteilungen im Bauwesen, richtete sich schließlich die Aufgabe darauf, zukunftsfähige Konzepte für den Betrieb, die Instandhaltung und Sanierung dieser Institutionen zu entwickeln. Die Studierenden wurden angeleitet, architektonische Methoden für die Analyse und gleichzeitig als Werkzeug einzusetzen, um neue Nutzungskonzepte, Zonierungen und potenzielle Umbaumaßnahmen zu erarbeiten. Besonderes Augenmerk lag darauf, den Energieverbrauch trotz hoher Anforderungen durch Nutzer*innen und Werke zu reduzieren, um aufzuzeigen, dass ein mechanisierter Umgang mit Kulturerbe nicht alternativlos ist. Ein Großteil der Projekte konzentrierte sich hierbei auf die interne Nachhaltigkeit, also die ressourcenschonende Gestaltung des internen Museumsbetriebs.

In der Lehre forschen

In den letzten Jahren hat sich der Fokus stark auf Forschung verlagert – ein Grund, weshalb sich das NBL als Hochbau-Fachgebiet dazu entschied, den Entwurf dieses Semesters mit einem laufenden Forschungsprojekt zu verbinden. Ein Studio, das mehr forscht als entwirft, ist etwas Besonderes an einem Entwurfsfachgebiet. 

Da die Methode in diesem Kontext neu ist, wurde im Verlauf des Semesters viel Wert auf die Reflexion der Arbeitsweise gelegt. Dabei empfanden die Lehrenden wie auch die Teilnehmer*innen das Lehrforschungsprojekt als anspruchsvoller im Vergleich zu einem herkömmlichen Entwurfsstudio. Es erforderte präzise Aufgabenstellungen und eine sorgfältige Vorbereitung, um den Betrachtungsrahmen zu definieren und das wechselseitige Lernen zwischen Analyse, Forschung und Entwurf zu ermöglichen.

Die Einbindung in einen offenen Forschungsprozess war daher zwar aufwendiger, aber brachte auch neue Inspirationen und Themen in den Diskurs. Der interdisziplinäre Austausch und die Einbeziehung von Expert*innen spielten eine noch größere Rolle als bei herkömmlichen Entwurfsstudios, da viele Inhalte und Methoden neu für die Studierenden waren. Die Verknüpfung von wissenschaftlichem Arbeiten mit praxisnahen, architektonischen Entwurfsmethoden eröffnet den Studierenden zusätzliche disziplinäre Felder und die Möglichkeit, über universitäre Grenzen hinweg neue Netzwerke zu knüpfen.