Betontopografie in Pastellrosa: Workshop von Studio Ossidiana in Rotterdam

In einem Workshop an der Independent School for the City erkundete das Duo von Studio Ossidiana die gestalterischen Qualitäten von Beton.

Eine multifunktionale Terrazzo-Tapisserie, die zum Essen, Spielen, Sitzen und Ausstellen dient, war das Resultat eines Hands-On-Workshops an der Independent School for the City (ISC). Unter der Leitung von Giovanni Bellotti und Alessandra Covini, den Gründer*innen des niederländischen Büros Studio Ossidiana, setzten sich die Teilnehmenden im November 2024 mit den plastischen, rituellen und handwerklichen Besonderheiten von Beton auseinander. Die modulare Platte, die aus einem kollektiven Entwurfs- und Produktionsprozess hervorging, wird ab Frühjahr 2025 im Innenhof der ISC in Rotterdam installiert.

Mensch und Tier auf einer Ebene

Giovanni und Alessandra kontern die Schwere des Betons mit spielerischer Leichtigkeit. Hinter den Pastelltönen und klaren Geometrien ihrer Installationen, Designobjekte und Gebäudeentwürfe verbergen sich vielschichtige Konzepte. So sollte das Projekt „Platform for Humans and Birds“, das auf der Architekturbiennale 2021 in Venedig ausgestellt wurde, Menschen und Vögel zusammenbringen. Die modulare Landschaft aus rosafarbenem Beton mit spielerischen Add-Ons diente offensichtlich als Inspiration für den Workshop. Auch hier sollte die Plattform die Symbiose zwischen Menschen und Tieren stärken. 

Terrazzo made of Abfall

Im Fokus des viertägigen Workshops stand die Herstellungstechnik von Terrazzo, einem Verbundmaterial aus Kalk oder Zement mit Granulaten, das bereits in der Antike verbreitet war. Für die Teilnehmenden galt es nun, mit unkonventionellen Stoffen, Schalungen und Oberflächen zu experimentieren. Vorgefundene Materialien wie Ton, Muscheln, mineralische Abfälle, Ziegel- oder Steinfragmente, Glas und Erde dienten dabei als Schalungen oder Granulat. 

Die Teilnehmenden sollten den gesamten handwerklichen und kreativen Prozess erleben – von der Materialbeschaffung bis zum Gießen und Polieren der Betonfliesen. Dafür arbeiteten sie an zwei Standorten: an der ISC und in der Tomaello-Fabrik in Vlaardingen, zusammen mit Terrazzo-Handwerker*innen.

Fragmente einer versteinerten Landschaft

In einer kreativen Auseinandersetzung mit Abfall verwandelten die Kursteilnehmenden das auf Deponien und Baustellen gefundene Material in neue „künstliche Felsen“ – eine Landschaft, die sich aus Fragmenten unterschiedlicher Herkunft zusammensetzt. Die mit diesem neuen Materialvokabular entstandene Topografie setzt sich aus modularen Kacheln, die jeweils abstrahierte Felder, Kanäle, Dünen oder Fabrikschornsteine darstellen, zusammen. Dabei sollte der Workshop die Teilnehmenden dazu ermutigen, mit neuen Formen und Materialien zu experimentieren und sich gleichzeitig mit dem historischen und zeitgenössischen Kontext der Terrazzo-Herstellung auseinanderzusetzen. 

A Playground for Urban Thinkers, Doers and Designers

Die ISC versteht sich als Lerngemeinschaft, die architektonische, wirtschaftliche, räumliche und soziale Strategien aus empirischer Forschung ableitet. Das Bildungsangebot reicht von Postgraduiertenprogrammen über dreimonatige Intensivprogramme bis hin zu eintägigen Workshops. Entstanden ist die ISC auf Initiative der Crimson Historians and Urbanists, des 1994 in Rotterdam gegründeten Architekturhistoriker-Kollektivs und des Designbüros ZUS. Das „absichtlich nicht akkreditierte Ausbildungsangebot“ möchte Raum schaffen, um die Herausforderungen der modernen Stadt informell diskutieren und erkunden zu können.