„60plus“: ICOMOS-Wettbewerb zum Erhalt postmoderner Bauten entschieden

Jüngere Zeugnisse der Architektur- und Stadtbaugeschichte rücken zunehmend ins Blickfeld der Denkmalpflege. Ziel des von ICOMOS ausgelobten Studierendenwettbewerbs ist darzulegen, warum postmoderne Bauwerke erhaltenswert sind. Die Gewinner*innen des Wettbewerbs stehen nun fest. 

Einst als fantasievoller Ausbruch aus den als dogmatisch empfundenen Zwängen der Moderne gedacht, werden postmoderne Bauten heute häufig als störende Fremdkörper wahrgenommen. Ihre Entstehungszeit liegt scheinbar nicht lang genug zurück, um als historisch aufgefasst zu werden. Dennoch nagt an den meisten postmodernen Gebäuden unübersehbar der Zahn der Zeit. Unansehnliche Alterserscheinungen lassen diese Bauten als in die Jahre gekommene Parasiten erscheinen, die nicht in ihre architektonischen Kontexte passen. Leerstand, Verfall und Abriss sind häufig die Konsequenz. Welche Qualitäten machen das bauliche Erbe der Postmoderne erhaltenswert? Wie können Vermittlungsstrategien für die Gebäude aussehen? Welche Strategien müssen für den Erhalt, die Sanierung und das Weiterbauen gefunden werden? Danach fragen die Auslober*innen des ICOMOS-Studierendenwettbewerbs 2023.


Postmoderne erhalten und nutzen

Gesucht wurden sowohl theoretische Arbeiten, die die Denkmalqualitäten eines konkreten, selbst gewählten Objekts darlegen als auch konzeptionelle Arbeiten, die Strategien für eine Nutzung, Sanierung oder Vermittlung des Objekts aufzeigen. Unabhängig von der Herangehensweise sollten die Teilnehmenden die Entstehungs-, Nutzungs- und Veränderungsgeschichte des gewählten Bauwerks darlegen, seine historische Bedeutung herausarbeiten und die Potenziale einer denkmalgerechten Erhaltung und Nutzung darstellen. Einzureichen waren Poster in deutscher oder englischer Sprache im Format DIN A1.

Eine achtköpfige Jury wählte aus rund 60 Vorschlägen insgesamt acht Gewinner*innen aus, wobei jeweils vier Arbeiten mit einem ersten und vier mit einem zweiten Preis ausgezeichnet wurden. Die acht prämierten Arbeiten werden am 23. Januar 2024 ab 17:30 Uhr in der Architektenkammer Baden-Württemberg von den Verfasser*innen präsentiert und inhaltlich erläutert.


Über ICOMOS und den Wettbewerb

Der Internationale Rat für Denkmalpflege (ICOMOS) ist eine nichtstaatliche Organisation, die sich weltweit für den Schutz und die Pflege von Denkmälern sowie die Bewahrung des historischen Kulturerbes einsetzt. Seit 2015 lobt das deutsche Nationalkomitee von ICOMOS gemeinsam mit weiteren Institutionen, Hochschulen und Kammern den Nachwuchswettbewerb „60plus“ aus, um die Architektur der 1960er- bis 1990er-Jahre in das Blickfeld der Denkmalpflege zu rücken. 2023 gehörten neben dem deutschen Nationalkomitee von ICOMOS die Wüstenrot Stiftung, die Bauhaus-Universität Weimar, der Arbeitskreis Theorie und Lehre der Denkmalpflege, die Architektenkammer Baden-Württemberg und das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) zu den Auslober*innen. Die fünf bis zehn besten Arbeiten werden mit Geldpreisen in einer Gesamthöhe von 5.000 Euro prämiert.

Preisträger*innen:

1. Preis:

  • Michael Blackmore, BTU Cottbus: Portland Mall Bus Shelter, the Former
  • Victoria Marie Mann, Anna Witt, Bauhaus-Universität Weimar: Saalgasse Frankfurt
  • Jan-Gerrit Müller-Scheeßel, Bauhaus-Universität Weimar: Alte Schmiede Scheeßel – Die dörfliche Postmoderne
  • Ahmet Toglukdemir, RWTH Aachen: documenta urbana
2. Preis:
  • Sascha Kipper, Alexander Wiese, Fachhochschule Erfurt: Energiesparhaus Hopfgarten
  • Anna Kranitz, Bauhaus-Universität Weimar: Das Schiff der Hökerinnen
  • Helena Macarthur, St Scholastica’s College Glebe, Sydney, Australien: Crane 302 Cockatoo Island Wareamah AU
  • Lilith Wagner, Johanna List, Fachhochschule Erfurt: Karstadt am Gewandhaus: Das Aus fürs Warenhaus?