Platz 6
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Januar / Februar 2018

RWTH Aachen

was übrig bleibt

ein multikultureller Ort des Abschieds

von Janine Weber

Hochschule:

RWTH Aachen

Abschluss:

Master

Präsentation:

22.02.2017

Lehrstuhl:

Gebäudelehre und Grundlagen des Entwerfens/Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Anne-Julchen

Rubrik:

Kulturbauten

Software:

Vectorworks/Autodesk Revit/Adobe Creative Suite

Die von Edgar Morin formulierte Hypothese, dass eine Beziehung zwischen der Einstellung des Menschen zum Tod und seinem Selbstbewusstsein, seiner Selbsterkenntnis und seiner Individualität besteht, findet ihre Bestätigung in der Beobachtung trauernder und sterbender Menschen in unmittelbarer Umgebung.
 
Das heutige Bild vom Tod ist ein Resultat kultureller und technischer Entwicklung, sowie dem Fortschreiten einer Aufklärung, die sowohl Individuen als auch Gruppen mit Toleranz und Offenheit begegnet und die innerstädtische Gemeinschaft als ein Zusammenleben von Menschen mit verschiedenen, gleichgewichteten Wertvorstellungen sieht. Der technische Fortschritt hat den Tod als scheinbar kontrollierbarer und den eigenen Tod als vom Leben ausgeschlossen erscheinen lassen.
 
Diese eingebildete Unsterblichkeit resultiert letztendlich auch in dem Ausschließen der Trauerorte aus dem städtischen Kontext als dem Ort des Lebens.
 
Es ist unbedingt notwendig mit einem Ort die Möglichkeit zu schaffen Verdrängung, Angst und die naturgegebene Ungewissheit die der Tod, nicht nur der eigene, mitbringt, einem angemessenen, bewusst erworbenen Verständnis weichen zu lassen. Trauern braucht einen Ort der Wiederkehr - einen Bestattungsort der auch Ort der emotionalen Heilung sein kann und nicht ein belastetes, singuläres Ereignis, was in sich nach einiger Zeit zu einem Abbild des Zurückgelassenen, dem Leblosen wird.
 
Philippe Ariès beschreibt in seinem Buch “ Die Geschichte des Todes” den Tod als einen “nicht bloß individuellen Akt”. Verschiedenste Rituale, religiös, geographisch oder kulturell geprägter Natur, lassen sich im Zusammenhang einer Zeremonie des Zusammenfindens der Gemeinschaft um den Verstorbenen sehen. Nach Airès kann der Tod niemals als neutrales Ereignis erlebt werden kann. Es ist ein “Unglück zur Unzeit”, ein malheur.
 
Mit dieser Arbeit soll ein Konzept vorgestellt werden, was einen Ort wie den bisher beschriebenen in Berlin schafft. Die städtebauliche Integration und Präsentation des Entwurfes als „Weg durch Häuser ritueller Abschiednahme“ und die multikulturelle und multikonfessionelle Stellungnahme sind Kerngedanken und Leitmotive. Das Eintreten aus dem städtischen Raum in einen öffentlichen aber geschützten Außenraum, das Besuchen verschiedener ritueller Stätten und das behutsame Austreten durch den Erinnerungsgarten als grüne Mündung sollen den Rahmen für einen respektvollen aber gesunden Umgang mit dem Weg der Trauer, Abschiednahme und Erinnerung erschaffen.
 
In der Beschäftigung mit den Ritualen verschiedenster kultureller und religiöser Gemeinschaften ist deutlich geworden, dass die Architektur die Möglichkeit zur individuellen Abschiednahme bieten muss und zugleich die Berührung mit dem öffentlichen Leben nicht scheuen darf. Der architektonisch gefasste, axiale Wegraum verbindet daher sowohl die Abschiedshäuser untereinander als auch den privaten Abschied mit dem Öffentlichen.