Platz 1
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Januar / Februar 2018

Technische Universität Berlin

Das Verwobene

Tatarische Textilmanufaktur

von Ewa Kostecka, Julia Domanska

Hochschule:

Technische Universität Berlin

Abschluss:

Master

Präsentation:

11.04.2017

Lehrstuhl:

Prof. Donatella Fioretti

Rubrik:

Gewerbebauten

Software:

Vectorworks, AutoCad, Rhino, Adobe Suite

Der Ausgangspunkt für diesen Entwurf war die Frage wie ethnische Minderheiten  in der modernen Welt funktionieren und wie man mit architektonischen Mittel ihre Identität fördern kann. Die Minderheit, die wir genauer unter die Lupe genommen haben sind die Tataren, welche im 14. Jahrhundert in Ostpolnischen Dörfern ihr Zuhause gefunden haben. Dort bilden sie einen festen Bestandteil der Bevölkerung. Über die knapp 400 Jahre haben sie jedoch ihre eigene Sprache und viele Traditionen verloren. Aufgrund der in den letzten Jahren zunehmender Stadtflucht wird Ihre Kultur immer weniger präsent und ist vom Verschwinden gefährdet.
 
Die Textilmanufaktur nimmt sich als Ziel die Traditionen und Kultur der Tataren fortzusetzen. Die eindeutige Funktion des Gebäudes, welche einen direkten Bezug zu der Kultur des Regions und der Minderheit aufnimmt, erlaubt nicht nur den Mitarbeitern aber auch den Besuchern die tatarische Geschichte aktiv kennenzulernen und diese zu verbreiten. Das Gebäude soll einen Integrations und Austauschraum bilden, fehlende Arbeitsplätze schaffen und Möglichkeiten für den nachhaltigen Tourismus geben.
 
Die in der Manufaktur produzierten Stoffe sollen aus Lein hergestellt werden, welches auch früher für die Industrie vor Ort verwendet wurde und bis heute verbreitet ist. Die ersten Schritte der Fasergewinnung werden in der Regel innerhalb von ca. 3 Monaten nach der Ernte und oft noch im Außenraum gefertigt. Für die Manufaktur bedeutet dies, dass Räumlichkeiten benötigt werden, welche nur über 3 Monate benutzt werden. Das erreichen wir, indem wir die Pflanze selber als die äußere Hülle des Gebäudes benutzen und somit das Lager für Lein nach außen bringen. Nach der Ernte wird der Lein auf einer leichten Konstruktion gelagert und schafft somit eine “kalte” Fassade, die auch Räumlichkeiten für die ersten Prozesse bildet. Nachdem das ganze Material aus der Fassade benutzt wird, verschwinden die  Räume und hinterlassen nun einen überdachten Bereich, welcher als aktiver Außenraum genutzt werden kann. Das Gebäude schrumpft und expandiert somit zyklisch und zeigt daher  verschiedene Gesichter zum Dorf hin.
 
Die Innenräume sind in zwei Bereiche aufgeteilt: den Besucher- und den Produktionsbereich. Als Besucher gelingt man zu einem Austellungsraum, welcher in Form von einem Kreis ausgeführt wird und dem Gast einen gewissen Bewegungsablauf suggeriert. Zudem erinnert der Raum mit seiner Form an eine tatarische Jurte, um die herum die einzelnen Prozesse nacheinander angeordnet sind. Ein horizontales Schlitzfenster ermöglicht den Besuchern einen Einblick in die Fertigungsprozesse aber auch einen weiteren Ausblick bis in das Leinfeld, von welchem das Gebäude umgeben ist. Die Manufaktur verbindet zwei Typologien, die sich auch in der Dachstruktur bemerkbar machen. Der dörfliche Charakter, der von der Straße sichtbar wird, vermischt sich mit dem fabrikhaften Bild, das jeweils an den Seiten des Gebäudes auftaucht.