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Mai / Juni 2017

Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung Konstanz

Kreativ- und Kulturzentrum

Ehemaliger Schlachthof Tübingen

von Felix Mayer

Hochschule:

Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung Konstanz

Abschluss:

Bachelor

Lehrstuhl:

Baugeschichte und Architekturtheorie / Prof. Dr.-Ing. Andreas Schwarting

Rubrik:

Kulturbauten

Software:

VectorWorks, Rhino, Artlantis, Photoshop

Nördlich der Stadtgrenze wurde 1888 bis 1893 der städtische Schlachthof erbaut. Die Anlage ermöglichte ein zentrales Schlachten, welches den hygienischen Vorschriften zu jener Zeit entsprach. Der Hof ist protypisch mit den jeweiligen Funktionsgebäuden organisiert. Bauzeitlich waren bereits 1893 das Verwaltungsgebäude mit Wirtschaft und Saal, Stallungen für Pferde, Schweine und Rinder, sowie die Schlachthallen für Vieh und Schweine. Ergänzt wurde dies durch ein modernes Maschinenhaus samt Wasserturm und Eigenwasserversorgung.

Als architektonische Besonderheit ist das Bühnenhaus von Dr.-Ing. Karl Weidle aus dem Jahr 1934 zu bewerten. Für die leidenschaftlich theaterspielenden Metzger erweiterte er den vorhandenen Saal mit einem radikal modernen und ebenso ausdrucksstarken Bauwerk, das sowohl national, wie auch international Aufsehen erregte. 
 
Für die Transformation einer introvertierten Schlachtinstitution ist die Zugangssituation von entscheidender Bedeutung. Der Entwurf schlägt eine ergänzende Brücke über den Bach „Ammer“ vor. Dadurch ist eine Erschließung von drei Seiten und eine offene Durchwegung des Quartiers möglich. Historische Bauten werden revitalisiert und durch neue Bausteine erweitert. Diese fassen den sogenannten „Karl-Weidle-Platz“, der das Quartier extern und intern vernetzt.
 
Nutzungstechnisch wird ein Mix aus Arbeiten, Bildung und Freizeit vorgeschlagen. Dieser verspricht ein ganztags belebtes Quartier. Flexible CO-Working Arbeitsplätze, Künstlerwerkstätten, das städtischen Jugendhauses, sowie Gästewohnungen revitalisieren den ehemaligen Hof. Komplettiert wird dies mit dem Neubau einer Festhalle, der städtischen Musikschule, sowie einem Tanzstudio. Als täglicher Anziehungspunkt wird die ehemalige Schlachtviehmarkthalle als flexibler Markt für Street-Food- oder Kunsthandwerk-Events reaktiviert.
 
Ziel ist es, die ursprüngliche Anlage mit den Gebäuden der 1.Bauphase nachhaltig so zu nutzen, dass eine fortlaufende Beschädigung der Substanz gestoppt werden kann. Zurückhaltend werden für die Nutzungsänderung notwendige Maßnahmen durgeführt. Insbesondere die Vergrößerung der Fenster spielt bei der Revitalisierung von Schlachthallen eine signifikante Rolle. Der Entwurf sieht vor, die vorhandenen Fensteröffnungen zu erweitern und dabei die erhaltenen Sohlbänke sichtbar zu lassen. Dadurch entsteht auf subtile Art eine verbesserte Innen-außen-Beziehungen.
Innenräume werden durch eingestellte Kuben gegliedert und garantieren somit eine flexible Nutzung und Aneignung der Mieter. Aus denkmalpflegerischer Sicht sind diese Maßnahmen aufgrund ihrer plausiblen Reversibilität ideal.
 
Die Neubauten führen Gestaltungsprinzipien des Bestandes fort ohne diese zu kopieren. Gliederungen und Linien werden aufgenommen und in eine reduzierte Sprache übersetzt. Prägend ist ein glatt geschalter, rot gefärbter Beton, welcher mit den Bestandsgebäuden harmonisiert und dem neu entstehenden Quartier einen selbstbewussten Abschluss gibt.