März / April 2022
Universität Stuttgart
Backyard Stories
Nachverdichtungspotentiale in Stuttgart
Universität Stuttgart
Bachelor
21.07.2021
Institut für entwerfen und Konstruieren IEK
Städtebau
Vectorworks
Stuttgart zählt zu den teuersten Großstädten Deutschlands. Der Wohnraum in innerstädtischer Lage ist knapp und ebenso wie Büro- und Ladenflächen in zentraler Lage nur mit hohen Mieten zu bekommen. Aufwendige Sanierungen von Altbauwohnungen treiben die Mietkosten zusätzlich in die Höhe und tragen zur Gentrifizierung bei. Die Folge davon ist, dass insbesondere junge Familien und Geringverdiener gezwungen sind, in periphere städtische Zonen oder in das Umland auszuweichen. Dadurch dehnen sich die Städte aus, es entstehen neue Ballungsräume und in der Folge steigen die Miet- und Bodenpreise auch im Umland an. Zudem nimmt die Versiegelung von Landschaftsflächen zu und natürliche Lebensräume werden durch neue Straßen zerschnitten.
Wohnen in Großstädten wird zum Luxus. „Mietpreisbremsen“ oder gesetzliche Regelungen, die den Leerstand von Wohnungen verhindern sollten, sind bisher gescheitert. Architekten und Stadtplaner suchen daher schon länger nach Lösungen, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Eine gezielte Nachverdichtung von bebauten Räumen in Städten kann dabei ein wichtiger Lösungsansatz sein, ohne dabei weitere Landschaftsflächen zu versiegeln. Hierfür können ungenutzte Restflächen durch neuen Wohnraum besetzt, leer stehende Gebäude, Fabriken oder auch Straßenräume umgenutzt oder Wohngebäude aufgestockt und erweitert werden, sofern es das Baugesetzbuch erlaubt.
Auch im innerstädtischen Stuttgart, das auf den ersten Blick sehr dicht besiedelt erscheint, befinden sich vielfältige Möglichkeiten zur Verdichtung und Schaffung neuer städ- tebaulicher Qualitäten. Das Ausfüllen von Baulücken und Restflächen, die Umgestaltung von Straßenräumen und Parkhäusern oder die Aufstockung von Bestandsgebäuden sind einige Möglichkeiten zur Schaffung neuen Wohnraums.
In diesem Entwurf wird eine Aufstockungsmöglichkeit im Stuttgarter Süden thematisiert. Die städtebauliche Achse zwischen Marienplatz und Matthäuskirche beginnt mit einer sehr unübersichtlichen Verkehrssituation. Genau dort befindet sich ein altes, aus den 1890iger Jahren stammendes Mauerwerkshaus, das auf den ersten Blick eher mit einem Abriss assoziiert werden kann, als mit einer Aufstockung. Das alte Mauerwerkshaus ist allseitig mit Graffiti besprüht und die lange Lebenszeit des Hauses wird nach außen hin sichtbar. Gleichwohl hat das Gebäude und seine Lage eine hohe Qualität. Nicht nur die Aussichtsmöglichkeit auf die zwei Attraktionspunkte, den Marienplatz und die Matthäuskirche sind eine Besonderheit. Auch die Lage in zweiter Reihe zur Böblinger Straße mit dem Eingang über einen kleinen Innenhof, bietet architektonisch besondere Chancen zur Neugestaltung. Der Charme der in diesem alten Gebäude mitspielt, ist unbestreitbar und der langen Geschichte, die das Haus zu erzählen vermag, wird durch eine in diesem Entwurf vorgeschlagene Aufstockung ein neues Kapitel hinzugefügt.
Text von Fabian Frosch.