Vom Publizieren und dessen Netzwerken: Die Architekturtheorietage 2023

Wie sieht das bei den anderen aus? Vernetzung und Austausch stehen im Mittelpunkt, wenn sich Professor*innen, Lehrende und Forschende zu den Architekturtheorietagen treffen.

Die „Architekturtheorietage“ fördern den Austausch im Fachbereich Architekturtheorie an deutschsprachigen Hochschulen. Ursprünglich als informelle Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, bieten sie eine Gelegenheit für Vernetzung und Austausch über Lehre und Forschung. Nach Treffen in Graz, Hannover und Wien tage das Netzwerk im Jahr 2023 vom 2. bis 4. November 2023 an der Technischen Universität Braunschweig. 30 Personen von 19 Hochschulen und Kunstakademien folgten der Einladung des Instituts für Theorie und Geschichte der Architektur und Stadt (GTAS) unter der Leitung von Prof. Tatjana Schneider. Dieses Mal stand das Publizieren als kritische Praxis im Fokus. Aber auch hochschulpolitische Themen gewinnen an Relevanz für das Netzwerk.

Gebundene Motivation vorab

In diesem Jahr waren die Teilnehmenden aufgerufen, sich bereits vorab zu äußern und per E-Mail zu schreiben, was das Publizieren für sie bedeutet. Die Einreichungen stellte das GTAS in einem kleinen Heft unter dem Titel „Publizieren als kritische Praxis“ zusammen – gedruckt mit dem institutseigenen Risographen. Welche Anliegen sich mit dem diesjährigen Motto verbinden, wird in Tatjana Schneiders einleitendem Text besonders deutlich: Critical Publishing, so schreibt sie, beinhalte eine Reflexion der Formen und Formate des Publizierens sowie der Inhalte, die vermittelt werden. Viele aus dem Netzwerk sind übrigens Mitherausgebende von Zeitschriften oder auf andere Weise in Magazine und Publikationen involviert.

Stimmen zum Auftakt

Es ist ein kalter Herbstabend. Über dem Publikum kreuzen sich die Unterzüge einer beeindruckenden Betondecke. Das schummrige Licht lässt Personen zusammenwachsen. Vorne spricht Tatjana Schneider, Professorin des GTAS, ihre einleitenden Worte. So begannen die fünften Architekturtheorietage.

Bei der Podiumsdiskussion reflektierten drei Gäste ihre Arbeit mit und anhand von Texten: Prof. Adria Daraban der Rheinland-Pfälzische Technische Universität (RPTU) erzählte von ihrer gemeinsam mit Studierenden unternommenen Untersuchung aktueller, architekturbezogener Zeitschriften und Magazine. Darüber hinaus zeigte sie eine Sonderausgabe des Kölner Stadtanzeigers, in der sie und weitere Forschende jeder Rubrik sozialkritische, stadtpolitische Fragestellungen untermischten. In der Auseinandersetzung mit der Redaktion schien es nicht leicht gewesen zu sein, die Texte dem Nicht-Fachpublikum der Lokalzeitung verständlich zu machen, ohne dass der ursprüngliche Gehalt verloren ging.

Prof. Philipp Oswalt der Universität Kassel sprach von der Schwierigkeit, wiederholt abgedruckte und referenzierte Erzählungen aufzubrechen, zum Beispiel zum Bauhaus. Und er berichtete von seinem Rechtsstreit mit dem Förderverein Berliner Schloss über einen Beitrag in der Zeitschrift Bauwelt. Lidia Gasperoni, Technische Universität Berlin, schilderte Wege des kollektiven Schreibens und betonte, dass an Publikationen immer ein Netzwerk hängt, das jedoch oft nicht sichtbar ist. Dazu stellte sie das Buch Epistemic Artefacts vor – Darin entwickeln sie gemeinsam mit Matthias Ballestrem Ideen und Argumente in einem Dialog, der wiederum von weiteren Mitschreibenden mit Kommentaren erweitert wird. 

Berichte aus Lehre und Forschung

Während bei den vorangegangenen Architekturtheorietagen vor allem Professor*innen anwesend waren, waren nun auch wissenschaftliche Mitarbeiter*innen eingeladen, die oft noch stärker in die Lehre eingebunden sind. Am zweiten Tag des Netzwerktreffens hatten sie Gelegenheit, in jeweils siebenminütigen Präsentationen von Forschungsvorhaben und Publikationen zu berichten und von Methoden und Inhalten bei der Arbeit mit den Studierenden.

Zeit und Geld für die verschiedenen Projekte und Aufgaben, sind mitunter knapp bemessen: Dazu gehört, dass wissenschaftliches Personal nur begrenzt lange an Hochschulen arbeiten darf – Stichwort Wissenschaftszeitgesetz. Viele Stellen werden aus unterschiedlichen Quellen finanziert, zum Beispiel über befristete Fördergelder, die es mit Anträgen und Projektbeschreibungen zu akquirieren gilt. Darüber hinaus sind manche Lehrstühle und Fächer von Zusammenlegungen betroffen, sodass die Ressourcen für Lehre und Forschung weiter schrumpfen.

Wie geht es weiter?

Der dritte Tag des Zusammentreffens war für Abstimmungen reserviert. Für die Zukunft überlegt die Gruppe, neben einer weiteren Vernetzung und Intensivierung der Diskussion, hochschulpolitisch aktiver zu werden. Das Format soll außerdem noch weiter geöffnet werden, etwa um Positionen, die nicht unbedingt „Architekturtheorie“ im Titel tragen, freiberufliche Mitarbeitende und Personen, die zu Städten forschen.

Trotz des möglichen Wachstums möchte die Gruppe handlungsfähig bleiben. Wie kann das gelingen? Welche Themen sollen künftige Schwerpunkte bilden?  Wie können Synergien mit anderen Bereich genutzt werden, etwa mit den Zeitschriften? Vielleicht wird es schon ein paar Antworten geben bei den kommenden Architekturtheorietagen. Die nächste Station soll bald bekannt gegeben werden.