Worauf sollte ich beim Modellbau achten?

24.06.2022

Maximilian Ludwig aus der Campus Redaktion antwortet

An vielen Architekturfakultäten sind sie gefragt, und auch im späteren Berufsleben werden sie mitunter immer wieder eine Rolle spielen: Modelle. Mit ihnen können anschaulich und schnell ersichtlich Ideen transportiert werden. Frühzeitig lassen sich Konstruktionen, räumliche Zusammenhänge, Proportionen, Lichtstimmungen und Materialien testen und weiterentwickeln. Außerdem sind die Landschaften, Städte, Gebäude und Bauteile im Miniaturformat – anders als die meisten Plandarstellungen – auch für Laien leicht zu verstehen. Die Möglichkeiten bei der Gestaltung sind schier unendlich, einige Überlegungen können bei der Orientierung helfen.

Vom Arbeits- zum Abgabemodell

Drankleben, anmalen, wegschneiden, abreißen, Neues applizieren – alles ist erlaubt und hilfreich, um schnell Entwurfsvarianten zu produzieren, ohne sich lange mit Skizzen oder detaillierten CAD-Zeichnungen aufzuhalten. Oft entstehen im Laufe des Semesters viele verschiedene Arbeitsmodelle, und es ist empfehlenswert, sie ausgiebig zu dokumentieren als auch zu Besprechungen und Präsentation mitzubringen. Auf diese Weise könnt ihr etwas von eurem Arbeitsprozess vermitteln, und keine Idee geht verloren. Außerdem liefern die Fotos wertvolles Bildmaterial für euer Portfolio.

Welche Modelle gefordert sind, ist von Lehrstuhl zu Lehrstuhl teils sehr unterschiedlich. Besprecht am besten im Vorfeld, was ihr euch wünscht, und ob ihr von Vorgaben abweichen dürft. Experimentieren lohnt sich! So könnt ihr Erfahrungen mit verschiedenen Materialien sammeln und die Modelle angelehnt an euer individuelles Entwurfskonzept und eure eigene Handschrift gestalten. Eine große Zeit- und Materialersparnis bringen Modelle, die ihr während des gesamten Entwurfsprojekts und bei der Abschlusspräsentation verwenden könnt und vielleicht sogar gemeinsam mit Kommilitoninnen und Kommilitonen baut. Das können zum Beispiel Städtebau- oder Umgebungsmodelle mit austauschbaren Einsätzen sein. Manche Lehrstühle sehen das ohnehin vor, ansonsten fragt danach!

Maßstab, Ausschnitt, Detailgrad

Bevor es ans Basteln und Werken geht, empfiehlt es sich, einen Plan zu machen. Einige Hinweise werdet ihr bei den Abgabeleistungen eurer Entwurfs- oder Seminaraufgabe finden. Was steht im Fokus? In welchem Maßstab soll gebaut werden? Welcher Ausschnitt ist sinnvoll, um den Ort zu zeigen? Wie abstrakt soll das Modell sein? Ist es sinnvoll, nur einen Teil des geplanten Objekts zu bauen? Welche Konstruktionen und Materialien eignen sich, und welche Arbeitstechniken sind mit ihnen verbunden? Benötigt ihr Staffage wie Bäume, Möbel, Menschen oder Fahrzeuge? Wieviel Zeit muss für all das eingeplant werden?

Tipp: Wollt ihr viele Details wie etwa Wand- und Deckenaufbauten, Materialkombinationen und Ausstattung oder sogar Ausblicke aus Innenräumen zeigen, ist ein Ausschnittsmodell oft das geeignete Mittel der Wahl. Ihr könnt es auch dazu nutzen, um stimmungsvolle Fotos aufzunehmen, die ihr statt eines Renderings oder einer anderen räumlichen Darstellung verwendet.

Genauso wie im echten Leben sind die architektonische Gestaltung und die dafür nötigen Materialien und Bautechniken eng miteinander verknüpft. Gips eignet sich zum Beispiel für das Simulieren von Betonoberflächen und lässt sich über die Schalung ganz ähnlich formen. Aus Papier können in kurzer Zeit gleichmäßig gefärbte Oberflächen aneinanderfügt werden. Mithilfe von 3D-Druckverfahren lässt sich auch in kleinen Maßstäben ein hoher Detailgrad erreichen. Manche Arbeitstechniken erfordern mehr Übung und Zeit als andere. Hilfe bekommt ihr sicherlich von Kommilitoninnen und Kommilitonen, aber auch in den Werkstätten eurer Hochschule. Dort werden in der Regel Einführungskurse angeboten, um den sicheren Umgang mit speziellen Werkzeugen wie Sägen, Schleifgeräten, Fräsen und Lasercuttern zu lernen. Aber auch geschulte Hilfskräfte stehen euch mit Rat und Tat zur Seite.

Materialquellen und Budget

Trotz aller Digitalisierung ist das Architekturstudium immer noch eine wahre Materialschlacht, die auch Geld kostet. Spätestens bei den Abschlusspräsentationen zeigt sich, wer über genug finanzielle Mittel, Raum und Werkzeuge verfügte und über die nötigen helfenden Hände, um besonders aufwändige Modelle zu bauen. Gerade deswegen ist es notwendig, an Architekturfakultäten gängige Standards zu hinterfragen. Viele Modellbautechniken sind zudem mit der Produktion von Resten verbunden, die sonst letztlich im Müll landen. Dazu gehören zum Beispiel Styrodurschalungen vom Gipsen oder Verschnitte von Papieren, Pappen und Holz.

Es gibt viele Möglichkeiten, an dieser Verschwendung etwas zu ändern. Immense Mengen von Grau- und Wellpappe sind in Abfallcontainern zu finden, dabei gehören sie zu den beliebtesten Modellbaumaterialien. Viele Verpackungen und Kartons eignen sich hervorragend für den Modellbau und sind überdies kostenlos. Das Sammeln lohnt sich! Schließt euch zusammen, um Materialpools zu bilden: Hier könnt ihr auch Reste aus den vergangenen Semestern lagern, tauschen oder verschenken. An einigen Hochschulen gibt es so etwas bereits, oder es ist in Planung wie zum Beispiel an der TU Braunschweig. Zugang zu Materialien gibt es auch an anderen Orten, wo gesammelt oder mit Pappe und Holz gearbeitet wird: In Berlin pflegt das Haus der Materialisierung ein Lager mit Wiederverwendbarem. Genauso könnt ihr bei Herstellern nachfragen, ob sie euch mit neuen Materialien oder Produktionsresten unterstützen. Darüber hinaus gibt es viele weitere Recycling-Materialien, die sich für den Modellbau hervorragend eignen wie beispielsweise Teile von Möbeln und Plastikverpackungen, genauso Unkonventionelles wie Kohle oder Glasscherben. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt!