Vom Studienprojekt zum Serienmodell: Die Möbelreihe Nesting
Ab ins Nest! Designer Steven Dahlinger hat im Studium die räumlichen Möglichkeiten von Sitzmobiliar neu durchdacht. In Kooperation mit dem Hersteller Wagner Living gelang es, einen Semesterentwurf bereit für Produktion und Verkauf zu machen.
An der Universität für angewandte Kunst Wien entwickelte Steven Dahlinger in der Industriedesignklasse von Prof. Stefan Diez ein Sofa, das Nutzer*innen je nach Bedarf unterschiedliche Grade von Privatheit bieten kann. Sie sollen in der Lage sein, sich sozusagen überall ein Nest bauen zu können. Der Möbelhersteller Wagner Living entdeckte das Potenzial des im akademischen Rahmen entstandenen Konzeptes und förderte eine Weiterentwicklung. Daraus entstand die Nesting-Serie, die nun zeitnah in die Produktion geht.
Umklappen und Abtauchen
Das Nesting Sofa und der dazugehörige Lounge Chair zeichnen sich durch ihre Flexibilität aus. Das Kernkonzept ermöglicht es, durch bewegliche Elemente am Möbelstück verschiedene Konfigurationen einzustellen. Durch das Hochklappen der doppellagigen Rückenlehne beim Nesting Sofa ergibt sich ein abgeschirmter Raum-im-Raum. So kann beispielsweise in großen, offenen Bereichen ein kontemplativer Moment der Intimität entstehen. In diesem Modus schluckt die Couch akustische Signale. Der gleichen Logik folgt auch der Nesting Lounge Chair, der sich bei Bedarf in einen geschützten Ohrensessel verwandeln lässt. Die Formensprache sowie die Bespannung mit Bouclé-Stoff unterstreichen den einladenden und behaglichen Charakter.
Zwischen Home und Office
Im Jahr 2020 begann der Designprozess mit einem Seminar, in dem sich die Studierenden mit „Workspaces in Progress“ auseinandersetzten. Wie verändern sich unsere Arbeitsräume in Zukunft? Steven Dahlinger stellte bei seinen Recherchen fest, dass unterteilte Bürogrundrisse im Laufe der Geschichte den offenen Großraumbüros gewichen sind. Diese weisen allerdings Nachteile auf wie Ablenkung, Lärmbelästigungen oder aber mangelndem Schutz vor den Augen der Kolleg*innen und Vorgesetzten. Obwohl es bereits Möbelsysteme auf dem Markt gibt, die diesen Zuständen begegnen, zeichnen sie sich durch strenge Gestaltung und hohen Materialeinsatz aus. Zudem beobachtete Steven, dass Wohn- und Arbeitswelten zunehmend miteinander verschmelzen, sowohl räumlich als auch ästhetisch – unter anderem eine Folge der Covid19-Pandemie. Aus dieser Analyse entstand das Grundkonzept für die Nesting-Möbel. Durch ihre einladende Gestaltung sollen sie eine Brücke zwischen Home- und Office-Bereich schlagen und mit den bekannten Typologien dieser Kategorien brechen.
Fruchtbare Zusammenarbeit
Zum Ende des Semesters entstand ein 1:1 Modell des Sofa-Prototyps aus Holz, Styropor, Pappe, wiederverwendeten Sofabeinen und einem selbstgenähten Bezug. Wagner Living begleitete das gesamte Seminar als Projektpartner, wurde auf das Design aufmerksam und vereinbarte eine weitere Zusammenarbeit. 2021 konnte die Öffentlichkeit auf der Ausstellung „Workspace in Progress“ im MAK Köln einen ersten richtigen Prototypen des Sofas in Augenschein nehmen. Anschließend wurde beschlossen, den Entwurf für eine serielle Fertigung vorzubereiten. Bis zur Serienreife bedurfte es weiterer Ausarbeitung, um Polsterung, Proportionen und technische Details abzustimmen. Während der Entwicklung des Sofas beauftragte Wagner zudem die Erstellung des Lounge Chairs als ergänzendes Stück. Die frühe Zusammenarbeit des Unternehmens mit einem Design-Studenten zeigt, dass auch Ideen von angehende Gestalter*innen den Weg auf den Markt finden und sich junge Talente so beweisen können.