„think. draw. win.“ Ein Gespräch über den Helmut-Rhode-Förderpreis für Freihandzeichnen
Jährlich schreibt das etablierte Architekturbüro RKW Architektur + zu Ehren seines Gründers Helmut Rhode den gleichnamigen Förderpreis aus. Die diesjährige Edition des Helmut- Rhode-Wettbewerbs läuft unter dem Motto „think. draw. win.“ Der Fokus liegt exklusiv auf der Handskizze, verstanden als Entwurfsmittel. Einsendeschluss für Einreichungen ist der 07. Oktober 2022.
Das Zeichnen versteht sich als Denkprozess, die Skizze als Ausdrucksmittel der eigenen Ideenwelt – das möchte das Organisatoren-Team des Helmut-Rhode-Förderpreises jedes Jahr erneut aufzeigen. Die Wettbewerbsausschreibung ist besonders einladend: Jede Art von Skizze darf eingereicht werden, unter der Voraussetzung, dass sie ein Teil des Entwurfsprozesses darstellt. baunetz CAMPUS hat sich mit Bayarmaa Bat-Erdene und Lars Klatte über den Helmut-Rhode-Förderpreis unterhalten, um in einem Gespräch gleich zwei Positionen zu erfassen – die der Organisator*innen und die der Teilnehmenden. Bayarmaa Bat-Erdene ist die Preisträgerin der 2018 Edition des Wettbewerbs und aktuelle Mitarbeiterin im RKW Architektur + Team. Lars Klatte als Senior Partner und Geschäftsführer bei RKW Architektur + betreut den Wettbewerb.
Bayarmaa Bat-Erdene: Ich bin jetzt seit zweieinhalb Jahren bei RKW. Davor habe ich in Düsseldorf an der Hochschule Architektur studiert. RKW war mir damals schon ein Begriff – unter anderem auch tatsächlich durch den Helmut-Rhode-Preis. Im Jahr 2018 nahm ich dann an dem Wettbewerb teil und konnte ihn gewinnen, beziehungsweise ich habe mir den ersten Platz mit einer weiteren Studentin aus Dortmund geteilt. Eins führte danach zum anderen, und inzwischen sind zweieinhalb Jahre vergangen …
Lars Klatte: Ich bin Architekt und gehöre zu der Generation, deren gesamte berufliche Laufbahn durch das Zeichnen geprägt worden ist. Irgendwann haben wir allerdings gemerkt, dass bei jüngeren Leuten das Zeichnen nicht mehr attraktiv ist – damit meine ich das Zeichnen als ein immer wiederkehrendes, schnelles Ausdrucksmittel im Entwurfs-, Planungs- und Entwicklungsprozess. Daher wollten wir etwas unternehmen, um es zu fördern. Unser Firmengründer Helmut Rhode war ein begeisterter Zeichner. Das war dann ein guter Anlass, um einerseits einen dauerhaften Preis zu etablieren, der an Helmut Rhode erinnert, und andererseits, um das Zeichnen für jüngere Leute attraktiver zu machen. Wir sehen es bei Baty [Bayarmaa Bat-Erdene]: Sie ist eine herausragende Zeichnerin, die ihre Fähigkeiten bei uns im Büro einsetzen kann. Das hat eine besondere Qualität.
Baty, wann haben Sie das Zeichnen als Ihr bevorzugtes Ausdrucksmedium entdeckt?
Bayarmaa Bat-Erdene: In der Ausbildung hatten wir einen Kurs: Freihandzeichnen. Wir sind durch die Stadt spaziert und haben Motive aufgezeichnet. Die ersten Berührungen mit der Perspektive waren wichtig, um diese Dreidimensionalität auch in Papierform, also in 2D zu verstehen. Daraus entwickelte sich eine Leidenschaft. Später habe ich an der Universität auch als Tutorin für Freihandzeichnen gearbeitet, um es anderen Studierenden beizubringen.
War das Zeichnen ein Schwerpunkt an Ihrer Hochschule?
Bayarmaa Bat-Erdene: Nein, leider nicht: Leider befand sich an der Hochschule das Freihandzeichnen auf dem absteigenden Ast, weil die Konkurrenz zu den 3D Modellierungs-Programmen zu groß war. Mittlerweile glaube ich, dass es diesen Kurs nicht mehr in der Form gibt - was sehr schade ist.
Wie und wo kommen Ihre Zeichnungen zum Einsatz?
Bayarmaa Bat-Erdene: Eher in den Anfangsphasen – das heißt im Vorentwurf, in der Phase der Ideenfindung – also da, wo noch alles in der Luft ist, in unseren Gehirnen, in unseren Träumen. Bei unserem letzten Wettbewerb haben wirzum Beispiel auch mit Zeichnungen angefangen und die Skizzen dann teilweise aufs Plakat gebracht. Sie können das Konzept gut erklären und auf den Punkt bringen. Grundsätzlich ist immer ein Stift dabei, wenn etwas erklärt werden muss.
Mit welchen digitalen Tools arbeiten Sie? Inwiefern bleiben Sie dem Papier treu?
Bayarmaa Bat-Erdene: Mittlerweile kombiniert es sich. Ich bin im Laufe der Zeit auf ein Zeichentablett umgestiegen, das mehr Freiheit bietet. Aber das Gefühl, wenn der Stift wirklich über dem Papier läuft, ist natürlich anders. Manchmal modelliere ich in 3D die grobe Struktur, ziehe ein Bild heraus und skizziere darüber mit der Hand. Es ist also oft ein Mix von Techniken.
Entspricht diese Arbeitsweise dem Stil oder dem Anspruch des Büros?
Lars Klatte: Darauf legen wir tatsächlich viel Wert. Man kann bestimmte Dinge von Hand wahnsinnig gut darstellen – Bewegungen, die einen guten Fluss haben und im Nachhinein nicht wehtun. Denn Architektur und Städtebau – das soll ja hinterher auch nicht wehtun. Insofern versuchen wir, das Zeichnen an vielen Stellen in den Entwurfsprozess zu integrieren. Wir sind ja schließlich in einer Welt, in der Digitales und Analoges nebeneinander existieren. Die Mischung aus digitalen und analogen Werkzeugen führt zu sehr guten Ergebnissen.
Könnten Sie Ihre Leitbilder nennen?
Lars Klatte: Eigentlich fallen mir spontan fast alle großen Namen ein, von denen auch die Skizzen existieren – Mies van der Rohe oder Renzo Piano zum Beispiel. Das sind wirklich etablierte Persönlichkeiten, die durch besondere Arten des Zeichnens auch besondere Formen der Architektur geprägt haben.
Bayarmaa Bat-Erdene: Zaha Hadid. Sie hat ja kaum gebaut in ihren Anfangsjahren, aber sehr viele, sehr anschauliche Bilder gezeichnet, in denen sie ihre architektonische Haltung ausdrücken konnte. Das finde ich sehr beeindruckend. Ich muss dabei auch an Peter Zumthor denken – seine Darstellungen zeigen auf, wie das Licht die Atmosphäre in einem Raum bildet.
Mit welcher Erwartung haben Sie den Helmut-Rhode-Förderpreis ausgeschrieben?
Lars Klatte: Wir wünschen uns, dass Freihandzeichnen eine Wertigkeit bekommt und, dass es mit einer größeren Ernsthaftigkeit wahrgenommen wird. Ich glaube, das muss schon im Studium gefördert werden. Der Preis soll diese Sichtbarkeit erzeugen und eine Wertschätzung zeigen, damit junge Leute inspiriert werden zu zeichnen. Nicht nur das stilistische Aussehen der Zeichnung auf dem Papier ist wertvoll, sondern auch die entwerferischen und konzeptionellen Inhalte. Die vielen guten Beiträge in den letzten Jahren bestätigen uns dabei. Insofern, ja, ich glaube, dieser Förderpreis hat eine große Wirkung.