Starthilfe für einen schrumpfenden Ort: Die Sommerschule „Hocu sutta cinnara“
In einer strukturschwachen Region Kalabriens verwandelten Teilnehmende einer Sommerschule mithilfe von DesignBuild eine leerstehende Dorfschule in einen neuen, lebendigen Ort.
Wie viele andere italienische Dörfer kämpfte auch Simeri in den letzten Jahren mit Leerstand und Perspektivlosigkeit für die junge Bevölkerung. Was tun, wenn ein Dorf aufgrund einer schrumpfenden Bevölkerung zu zerfallen droht? Vor über drei Jahren gründeten Sven Kohlschmidt und Flavio Manucso mit ihrem Kollektiv Immaginario Posturbano das Reallabor Simeri Laboratorio Urbano, um mit der lokalen Bevölkerung und Stadtverwaltung eine Strategie zur urbanen Regeneration zu entwickeln. Zur Umsetzung veranstalteten sie im vergangenen September die einwöchige Sommerschule „Hocu sutta cinnara“ (deutsch: „Feuer unter der Asche“). Der kalabrische Ausdruck beschreibt etwas, das inaktiv und ruhig, aber noch lebendig ist – ein ungenutztes Potenzial.
Ein kollektiver Prozess
Wo in Simeri einst Schulkinder lernten und tobten, herrscht heute Stille. Teilnehmende der Sommerschule – internationale Studierende und junge Berufstätige aus Architektur, Planung, Design, Kunst und Soziologie – verwandelten ein ungenutztes Schulgebäude unter der Leitung der Gründer von Simeri Laboratorio Urbano, weiteren Architekt*innen und einem Künstler in ein multifunktionales Gemeinschaftszentrum: das „Centro Culturale Collettivo“ (CCC). Sie legten dabei großen Wert darauf, die Dorfbewohner*innen einzubeziehen und ihre Bedürfnisse zu berücksichtigen. So verwandelte sich die Sommerschule in ein Co-Kreationslabor, in dem Menschen eine Woche lang zusammenkamen und Traditionen, Praktiken als auch Visionen teilten.
Identitätsstiftende Objekte
Das Designkonzept für die Raumgestaltung setzt auf eine starke, lokale Identität: Die aus Holz gefertigte Sitzlandschaft spiegelt etwa die Natur und Topografie von Simeri wider. Multifunktionale, modulare Holzregale erinnern an die historischen Rundbögen, die das Erscheinungsbild des Dorfes prägen. Die Farbe Blau steht symbolisch für den Ort, der auf einem Hügel zwischen Himmel und Meer liegt und Frieden und Harmonie ausstrahlen soll. Die drei neuen Flaggen verleihen dem Gemeinschaftszentrum eine zeitgenössische Identität. Sie spielen mit den Anfangsbuchstaben CCC und der Mehrdeutigkeit von „Contaminazione - Culturale - Creativo“ („Kreative - Kulturelle - Kontamination“) sowie der lokalen Identität: dem Feigenkaktus, den Ruinen und dem steinernen Kirchenportal von Simeri.
Mehr als ein Gemeinschaftszentrum
Aufgrund der tendenziell konservativen Strukturen in Simeri war es den Teilnehmenden und dem leitenden Team ein Anliegen, das CCC als einen alternativen Treffpunkt zu konzipieren. Dabei verfolgten sie das erklärte Ziel, einen Ort zu schaffen, der geprägt von gegenseitigem Respekt ist. Das CCC soll neue Allianzen und Netzwerke in der Gemeinde fördern und die Bewohner*innen dazu ermutigen, sich verlassene Räume wieder anzueignen. Nach dem Ende der Sommerschule ist geplant, das Zentrum in Selbstorganisation weiterzuführen.