Olympisch spielerische Pavillons: Archie-Folies
Architekturstudierende aus ganz Frankreich haben gemeinsam mit den olympischen Sportverbänden in einem 1:1-Projekt die Synergien von Architektur und Sport erprobt. Pünktlich zur Eröffnung der Spiele entstanden 20 Pavillons.
Im Rahmen der Olympischen und Paralympischen Spiele 2024 in Paris nahmen Studierende aller 20 französischen Écoles nationales supérieures d'architecture et de paysage (ENSA) an einem in dieser Form nie dagewesenen DesignBuild-Projekt auf nationaler Ebene teil. Auf Einladung des französischen Kulturministeriums und des CSNOF (französisches Olympisches Komitee) entwarfen die unterschiedlichen Schulen in Kooperation mit 20 Sportverbänden des französischen Olympiakaders jeweils 20 Kleinarchitekturen und setzten diese im Parc de la Villette um. Die entstandenen Archie-Folies sind thematische Pavillons: Jeder Bau repräsentiert eine Sportart. Auf dem Gelände werden auch die französischen Medaillengewinner*innen geehrt. Die Folies teilen sich bewusst den Platz mit ihren roten Vorbildern aus den 1980ern im von Bernard Tschumi geplanten Park – als Hommage an diese. Tschumi persönlich unterstützte das Studierendenprojekt und besuchte die Pavillons nach der Fertigstellung.
1,5 Jahre Vorbereitung
Im November 2022 lud man die ENSA-Schulen landesweit ein, jeweils einen Pavillonentwurf mit einem spezifischen Sportverband zu entwickeln. Aufgabe war es, das Wesen der zugewiesenen Sportart architektonisch zu übersetzen. Das Atelier germe&Jam erstellte im Vorfeld einen Masterplan für den Standort der Folies. Auf dessen Grundlage entwickelten die Teams an den Hochschulen im Laufe des zweiten Semesters des Studienjahres 2022/23 erste Entwürfe in Zusammenarbeit mit dem entsprechenden Sportverband. Zum Ende des Semesters stellten sie erstmals der Öffentlichkeit Skizzen und Modelle vor. Danach arbeiteten die Teams die Entwürfe bis zum ausführbaren Projekt aus. Am 13. Juni 2024 fand schließlich die feierliche Eröffnung der Archi-Folies statt.
Poetische Pavillons
Bernard Tschumi appellierte an die Studierenden: „Schafft etwas, das über die Konstruktion hinaus zur Poesie wird.“ So entstanden Strukturen, die die Eigentümlichkeiten und Dynamik der jeweiligen Sportart in sich tragen. Das Folie der ENSA Paris-Malaquais und des Fechtverbandes beispielsweise leitet seine schlanke und spannungsgeladene Form aus der Bewegung des Floretts ab. Das Team der ENSA Nancy übertrug die Bewegungsabläufe der Ruderer*innen und die charakteristische Form der Boote in einen dynamischen Pavillon. Der Beitrag der ENSAM La Réunion drückt die Naturverbundenheit des Surfsports aus. Leicht gebogene Bambusstäbe erinnern an die Wellen des Ozeans und bilden eine hyperboloide Struktur, die an traditionelle Festarchitekturen der Insel erinnert.
Verantwortlichkeit im Sport wie in der Architektur
Ein weiterer Kernpunkt des Projektes ist der Nachhaltigkeitsaspekt. Im Selbstverständnis der jungen Architekt*innen, die an einer besseren Welt von morgen mitgestalten sollen, war das Nachdenken über umweltfreundliche Baumethoden ausdrücklich gefordert. Die Studierenden arbeiteten experimentell mit klimafreundlichen Bauweisen wie zum Beispiel dem Strohballenbau beim Folie des Reiterverbandes der ENSA Versailles. Analog zum Sport war auch im Entwurf die Förderung des Teamgeistes und der kollektiven Arbeit als pädagogisches Prinzip ein wichtiges Ziel des Projektes. Nach den Olympischen Spielen sollen die Folies an die Standorte der Schulen zurückverlagert werden, wo sie von den Gemeinden vor Ort genutzt werden können.