Grün statt grau: Entwurfsvisionen St. Petersburger OASE
Schluss mit der autogerechten Stadt? Studierende dreier Hochschulen entwarfen Visionen für die Dresdner St. Petersburger Straße – grüner, sozialer, menschenfreundlicher. Die besten Ideen wurden prämiert und könnten in reale Planungen einfließen.

Lärm, Hektik, sechs Spuren grauer Asphalt: Die St. Petersburger Straße durchschneidet als ein Relikt der autogerechten Stadtplanung der 1960er-Jahre das Zentrum Dresdens. Doch was, wenn dieser Ort mehr wäre als eine Transitfläche? Dieser Frage widmeten sich im Wintersemester 2024/25 Studierende der Technischen Universität Dresden, der Hochschule Anhalt und der Technischen Hochschule Nürnbergin den Studiengängen Architektur und Nachhaltige Stadtentwicklung. Unter der Leitung von Prof. Angela Mensing-de Jong, Prof. Julia Köpper und Prof. Henry Fenzlein entstanden 25 Visionen für das Jahr 2040 – von pragmatischen Verkehrskonzepten bis hin zu utopischen Stadtlandschaften. Anfang Juni präsentierten sie ihre Arbeiten im Zentrum für Baukultur Sachsen (ZfBK) unter dem Titel „St. Petersburger OASE – Vom Verkehrs- zum Lebensraum“.

Hochschulübergreifend, interdisziplinär, diskursiv
Ein attraktiver Freiraum, ein Ort zum Verweilen? Wo lässt sich verdichten, wo entsiegeln? Wie viel Verkehr ist notwendig – und wie viel öffentlicher Raum möglich? Mitunter diesen Fragestellungen verfolgte das Projekt einen offenen Entwurfsprozess. Von Beginn an war der Austausch mit dem Amt für Stadtplanung und Mobilität der Landeshauptstadt Dresden Teil des Konzepts. Das Ergebnis: 25 Arbeiten, die den Stadtraum der St. Petersburger Straße nicht nur gestalterisch, sondern auch strukturell hinterfragten – als Möglichkeitsraum für neue soziale, ökologische und verkehrliche Qualitäten.

Vom Verkehrsraum zum Möglichkeitsraum
Im Februar 2025 prämierte schließlich eine interdisziplinäre Jury unter Leitung von Annegret Stöcker drei Projekte und zeichnete zwei weitere aus. Vertreter*innen der Stadt waren ebenfalls Teil der Jury.
Den ersten Preis erhielten Ricardo Nitzsche, Gael Desre und Karina Kharchenko (TU Dresden) für „Brücken der Stadt“. Ihr Entwurf ersetzt trennende Verkehrsachsen durch verbindende Brücken – grün, urban, kulturell und sozial. Diese überwinden physische Barrieren, schaffen Übergänge und verknüpfen Quartiere. Der öffentliche Raum wächst, und die bisher trennende Infrastruktur wird erlebbar und nutzbar.
Der zweite Platz ging an Elena Schemm und Ramina Boudaghi (TH Nürnberg) für „Soziale Insel“. Ihr Konzept sieht 1.500 Sozialwohnungen in vielfältigen Wohnformen vor. Die St. Petersburger Straße wird mit verkehrsberuhigten Flächen neugestaltet. Grünflächen und ein kleiner Bach laden Mensch und Tier zur Erholung ein. Bildungseinrichtungen, Kulturangebote und Gesundheitszentren ergänzen das lebendige Quartier.
Fabian Licht und Justin Müller (TU Dresden) sicherten sich mit „Blau trifft Grau“ den dritten Preis. Ihr Entwurf transformiert die St. Petersburger Achse durch Wasserflächen, Grünräume und kompakte Bebauung. Reduzierte Fahrspuren schaffen Platz für eine Fuß- und Radpromenade. Der Bürgersee dient als Erholungs- und Kühlfläche. Ein neues Wohnquartier mit Sport- und Spielangeboten sowie neugestalteten Plätzen soll die grüne und blaue Infrastruktur zu einem attraktiven Stadtraum verbinden.
Anerkennungen erhielten die Arbeiten „Nexus“ von Lara Zernitz (Hochschule Anhalt, Master Nachhaltige Stadtentwicklung) und „Von Grau zu Grün“ von Paula Lioba Müller und Josephine Louise Stübinger (TU Dresden).

Wie geht es weiter?
Für die Stadt Dresden war und ist das Projekt mehr als ein akademischer Ausflug. Die studentischen Entwürfe sollen in die Aufgabenstellung eines zukünftigen interdisziplinär ausgeschriebenen Wettbewerbs einfließen. Eine Möglichkeit, junge Ideen in reale Planungsprozesse zu integrieren – und langfristig Impulse für eine lebenswertere Stadt zu setzen.