Bauschutt als Rohstoffquelle: Das Wahlfach „Rethinking Bricks“

In einem interdisziplinären Wahlfach experimentierten Studierende mit Reststoffen der Ziegelproduktion, um deren Potenziale für die Herstellung neuer Materialien zu erforschen.

Neben dem Einsatz nachwachsender Rohstoffe kann vor allem die Wiederverwendung von ausrangierten Baustoffen zur Nachhaltigkeit der Baubranche beitragen. Als Bauschutt gehen heute jedoch viele Materialien verloren, die zukünftig als neue Rohstoffe verwendet werden könnten. An diesem Zirkularitätsgedanken setzte das Wahlfach „Rethinking Bricks“ der Muthesius Kunsthochschule Kiel an. Im Sommersemester 2023 entwickelten Studierende aus den Fachrichtungen Industriedesign und Raumstrategien neue Anwendungen für Ziegelmehl und andere Reststoffe aus der Ziegelherstellung.

Betreut wurde der Kurs von Dipl.-Des. Melissa Acker, Lehrbeauftragte im Studiengang Industriedesign sowie akademische Mitarbeiterin an der Hochschule für Technik Stuttgart (HFT) im Masterstudiengang Innenarchitektur und von Dr. Kerstin Mayer, wissenschaftliche Mitarbeiterin und Leiterin des Materiallabors. Am Fachbereich Industriedesign angesiedelt dient das Materiallabor der Erforschung  nachhaltiger Materiallösungen wie Kompositmaterialien aus Biopolymeren und biologischen Reststoffen. 

Experimentelle Gestaltung

Zum Auftakt des Kurses besuchten die Studierenden im Mai 2023 die Produktionsstätten des Ziegelherstellers Wienerberger, Kooperationspartner des Projekts. Daraufhin experimentierten sie frei mit den zur Verfügung gestellten Reststoffen: Welche Stärken und Schwächen haben sie? Mit welchen Methoden können sie weiterbearbeitet werden? Welche ästhetisch ansprechenden und zugleich nachhaltigen Möglichkeiten gibt es? Ziel dieser ersten Phase war es, aus den Reststoffen innovative Materialien zu entwickeln. In einem nächsten Schritt sollten Entwürfe für erste Anwendungsmöglichkeiten dieser neu entwickelten Materialien entstehen. Dabei konnten die Studierenden Art, Umfang und Anwendungsbereich frei wählen – ob Produktdesign, Möbeldesign oder Architektur. Der Schritt zur Entwicklung eines konkreten Objektes sollte dabei helfen, die Materialien weiter zu optimieren.

Weich und transluzent, fest und stabil

Im Projekt „Brick Tones“ mahlte Lotta Kunft den Ziegelstaub so fein, bis Pigment entstand, das die Farbvielfalt der unterschiedlichen Ziegelarten widerspiegelte. Das Pigment nutzte sie zum Färben von Baumwollstoffen, aus denen sie mit selbst erstellten Schnittmustern verschiedene Kleidungsstücke schneiderte. Aus den festen Ziegeln leitete sich so weiches Textil ab. Eine ebenso überraschende Eigenschaft brachten Franziska Rauch und Lea Matuschzyk mit dem Projekt „Laterem Lux“ aus dem Ziegelmehl hervor. In verschiedenen Versuchsreihen entstand eine transluzente Ziegelfolie, mit der sie Lampenschirme verkleideten. Mads Lukas Duggen ließ die Ziegelreste in seinem Projekt „Vacuum Structures“ nur temporär wieder fest werden. Eingeschlossen in einer Vakuumfolie wurde aus dem flüchtigen Staub ein stabiles und reversibles Modul, aus dem architektonische Strukturen entstehen könnten. Alle sieben Projekte konnten im Juli 2023 bei der Jahresausstellung der Muthesius Kunsthochschule besichtigt werden.