März / April 2018
Hochschule Ostwestfalen-Lippe
Prozesshafte, experimentelle Formfindung
Oasenschule in St.Louis im Senegal
Hochschule Ostwestfalen-Lippe
Bachelor
30.01.2018
Prof. Dipl.-Ing. Manfred Lux
Bürobauten
Vectorworks, Photoshop
"Das ästhetische Element kann man nicht direkt planen. Eine ästhetische Form steht am Ende eines Prozesses. Allein mit dem Willen zur Schönheit wird man sie nicht erreichen. Wenn wir ehrlich gearbeitet haben, bekommen wir sie manchmal geschenkt." Otto Frei
Prozesshafte, experimentelle Formfindung hergestellt in Muschelbeton.
Wenn man im Auftrag für „Schule für die Welt „ in den Senegal reist, dann lässt sich erahnen, was dabei entstehen soll. Eines der ärmsten Länder der Welt, viele Menschen ohne Bildung und wenige Materialien um eine Schule zu bauen.
In St. Louis nördlich von Dakar, auf einem 1800m2 großen Grundstück galt es sich dieser Herausforderung zu stellen. Bei klimatischen Bedingungen von sehr trocken und heiß in der nördlichen Sahelzone bis schwülwarm im tropischen Süden bedarf es einer Baukonstruktion die diesen Bedingungen gewachsen ist.
Durch die Baustoffknappheit und ohne die nötigen finanziellen Mittel sind die Senegalesen herausgefordert, mit den Baustoffen vor Ort zu bauen. Ein Ergebnis dieser Ausgangslage ist der Muschelbeton. Der Muschelbeton wird anstatt mit Kies mit Muscheln hergestellt. Die Senegalesen in St. Louis bauen Mauersteine, Bodenplatte und alles was sich aus Beton herstellen lässt mit Muschelbeton.
Ein örtlicher Baustoff, der Muschelbeton bildet somit die Materielle Grundlage für das Bauwerk. Kombiniert man Beton, Materialknappheit und den Bedarf an maximalen Schutz so stößt man unmittelbar auf die Schalenkonstruktion.
Die „Schalenform“ scheint relativ selten zu sein. Im „wirklichen“ Leben begegnet sie uns doch häufiger als vermutet. Die Tierwelt formt ihre Schalen sowohl im Wasser, so bei den Schalentieren als auch bei den Land- und Lufttieren. Jeder Vogel bringt seinen Nachwuchs in einer sicheren Schale zur Welt. Ebenso besteht der Schutz einiger Landtiere im Versteck ihres „Schalenpanzers“ wie bei der Landschildgröte oder dem Gürteltier. Bei minimalen Materialaufwand wird ein größtmöglicher Schutz erzeugt. Heinz Isler beschreibt es wie folgt: „In der freien Natur sind Schalenstrukturen häufig anzutreffen. Die gewölbten Gebilde geben bei sparsamstem Baustoffaufwand den grösstmöglichen Schutz.“
Das Ziel der Arbeit ist es, für das Oasengrundstück die geeignete „Schalenform“ experimentell zu finden. Die Vorgehenswese ist wie folgt: Zu Beginn gilt es für die Anforderungen der Schüler bzw. Lehrer einen passenden Grundriss zu entwerfen, welcher dann durch experimentelle Versuche die richtige „Schale“ erhält.
Die Schalenexperimente gründeten sich auf die Hängeform und die pneumatische Form von Heinz Isler. Wobei letztere abgewandelt und angepasst wurde. Das pneumatische Kissen wurde durch den pneumatischen Ballon ersetzt, welcher die Grundform der „Oasenschule“ bildet. Durch das mehrfache experimentieren, optimieren und modifizieren entstand eine natürliche geometrische Form. Die Grundform ist auf Druckbelastet und kann so über mehrere Richtungen Lasten abgeben. Wenn über eine Richtung die Last nicht abgetragen werden kann, erfolgt dies über eine zweite. Über die mehrfache Bogenlastabtragung erfolgt also eine momentfreie Lastabtragung. Der Vorteil des Schalentragwerks liegt also darin, dass die Stützfläche verschiedene Lasten abtragen kann ohne das Randkräfte herrschen. [1] Durch die herrschenden Druckkräfte eines Schalenbaus, müssen diese nicht Nachbehandelt bzw. Wasserdicht gemacht werden.
Durch die Schalenform entsteht nicht nur eine Organische Architektur, sondern auch eine „zugewandte Innenarchitektur“. Sitzkreise, Gruppenarbeiten, zentriertes Arbeiten usw. entspringen dem Formen der Schale. Durch den Sandigen Untergrund und die traditionelle Sitzweise auf dem Boden passt sich die Schalenform harmonisch in die afrikanische Landschaft ein.
So erhält man nicht nur im Sinne von Heinz Isler die leistungsfähigste Baukonstruktion im stofflichen Universum, die sich im Schalenprinzip widerspiegelt, sondern auch eine ästhetische Form.
[1] Vgl. Heinz Isler, Schalen: Katalog zur Ausstellung, Hrsg: Ekkhard Ramm und Eberhard Schunck; 2002s. 29