Von Deutschland nach Simbabwe: Forschungsarbeit zum kulturbasierten Entwerfen
Was passiert, wenn Bauwerke in interkultureller Kollaboration entstehen? In ihrer Doktorarbeit untersucht Kristina Ziadeh, wie sich traditionelle, lokale Praktiken während des Bauprozesses in Gebäude einschreiben.
Wer in einem anderen Land baut, dem begegnen zwangsweise Unterschiede zwischen der eigenen erlernten Entwurfspraxis und den ortsspezifischen tradierten Baumethoden. Den Einfluss kultureller Bedingungen auf den Entwurf und auf die Gestaltung ihrer eigenen Gebäude, die sie in Simbabwe realisiert hat, untersuchte Kristina Ziadeh im Rahmen ihrer Doktorarbeit an der Technischen Universität Berlin. Ihre Arbeit ist Teil des Programms Entwurfsbasierte Promotion (PEP), das sich zum Ziel gesetzt hat, die Forschung in der Architektur und Landschaftsarchitektur wieder enger an das Entwerfen und Gestalten zu binden.
Aus der Praxis in die Forschung
Kristina Ziadeh ist seit zwei Jahren selbstständige Architektin, davor war sie in zwei Architekturbüros angestellt. Parallel zu ihrer Arbeit engagierte sie sich ehrenamtlich bei Ingenieure ohne Grenzen, einer gemeinnützigen und unabhängigen Organisation, deren Fokus auf dem Aufbau einer Grundversorgung mit Wasser, Strom und Sanitäranlagen sowie dem Auf- und Ausbau von Bildungseinrichtungen im Globalen Süden liegt. In diesem Zusammenhang ist auch die Rising-Star-Schule in Simbabwes Hauptstadt Harare entstanden, die Kristina Ziadeh in ihrer Doktorarbeit genauer unter die Lupe nahm. Am Beispiel der Schule, eines Brunnenbaus und eines Veranstaltungspavillons des Goethe-Zentrums untersuchte sie die Einflussnahme ortstypischer Elemente in die Gestaltung der Architektur.
Ein Katalog von Verflechtungen
Für ihre Doktorarbeit fertigte sie unter anderem einen umfangreichen Katalog von Zeichnungen an, in denen sie Bauteile in verschiedener Ausführung dokumentierte. Die erste Zeichnung in der fünfzeiligen Tabelle zeigt das Bauteil, wie es traditionell in Simbabwe ausgeführt wurde. In der zweiten Zeichnung ist zu sehen, wie das Bauteil aktuell ausgeführt wird. Die dritte Zeichnung zeigt das Bauteil, wie Kristina Ziadeh und ihr Team es ursprünglich für eines der Projekte geplant haben. In der vierten Zeichnung ist die erste Bauphase und in der fünften Zeichnung die finale Bauphase abgebildet. Anhand dieser Zeichnungen konnte sie die Einflüsse nachvollziehen, die aus der lokalen Bautradition stammend durch die ortsansässige Bauleitung sukzessive in ihre Bauwerke Einzug gehalten haben. Bei den späteren Projekten flossen die traditionellen Methoden, die in der Praxis gut funktionierten, direkt in die Planung ein.
Parameter für kulturbasiertes Entwerfen
Die Erkenntnisse aus ihren Untersuchungen übertrug sie auf ihren Entwurf, der den zweiten Teil ihrer Dissertation bildet: ein Ausstellungsgebäude in der Nähe von Harare. Wie kann ich das Wissen, das schon vorhanden ist, in den neuen Entwurf einfließen lassen? Mit dieser Frage im Hinterkopf reiste sie nach Simbabwe und sprach vor Ort mit dem Bauleitungsteam und den Bauherren, zwei Künstlern, die sich für den Erhalt des kulturellen Erbes in Simbabwe stark machen. Außerdem führte sie eine umfangreiche Literaturrecherche durch. Aus den Punkten, die sich in den Gesprächen und der Literatur überschnitten, leitete sie fünf kulturbasierte Entwurfsparameter ab. Entscheidend waren für Kristina Ziadeh jedoch nicht die Parameter selbst, sondern ihre Begründung. Beispielsweise fußt die Berücksichtigung des Windes im Entwurf nicht primär auf einer klimatischen Notwendigkeit. Vielmehr spielt dabei eine spirituelle Kompenente eine wichtige Rolle. Im nächsten Schritt sollen für das Projekt Spendengelder gesammelt werden Eine Realisierung ist geplant.