Raus aus dem Dornröschenschlaf: Neues Leben für Casa Branca

In einem portugiesischen Dorf revitalisieren Studierende des BASEhabitat-Studios gemeinsam mit der Initiative Estação Cooperativa leerstehende Gebäude. Mit lokalen Materialien wie Kork und Lehm schaffen sie neue Räume für Arbeit und Gemeinschaft.

Einst hielten hier Züge, brachten Arbeitende und Reisende – heute bleibt Casa Branca still zurück. Doch das soll sich ändern. Die gute Anbindung an Lissabon und die vorhandene Infrastruktur bieten Chancen für einen Neuanfang. Im Sommersemester 2024 verwandelten Studierende des BASEhabitat-Studios der Kunstuniversität Linz gemeinsam mit der Initiative Estação Cooperativa ein leerstehendes Verwaltungsgebäude in eine funktionale Holzwerkstatt – nur ein Teil eines größeren Projekts, um Leerstand durch kreative Nutzung zu aktivieren.

Casa Branca im Fokus

Das kleine Dorf im portugiesischen Alentejo war einst ein bedeutender Eisenbahnknotenpunkt. Als die Eisenerzförderung zurückging, verließen etliche Einwohner*innen das Dorf, von 600 blieben nur 80, viele Gebäude stehen leer. Genau hier setzt die Initiative Estação Cooperativa an. Was mit Kulturveranstaltungen und einem kleinen Festival begann, wuchs zu einem ambitionierten Plan: Die Initiative sicherte sich einen langfristigen Mietvertrag für 17 Immobilien und plant nun deren schrittweise Sanierung. 

Ein Neubeginn

Der erste Umbau 2022 betraf ein altes Wohnhaus, das die Studierenden des BASEhabitat-Studios in ein Atelier verwandelten: Mit minimalen Mitteln stabilisierten sie die Bausubstanz, erneuerten das Dach und setzten nachhaltige Techniken wie Kork-Kalk-Dämmung und Lehmputz ein. Zusätzlich bauten die Beteiligten einen einsturzgefährdeten Kamin neu auf und verputzten Innenwände mit Lehm oder Kalk. Aus alten Ziegeln baute das Team großzügige Rundbögen, die die Raumstruktur verbesserten. Jetzt plant die Kooperative, das Haus für Arbeitsstudios zu nutzen.

2024: Mehr als Holz und Schrauben

Zwei Jahre später nahm sich ein neues Studierendenteam ein ehemaliges Verwaltungsgebäude vor und richtete dort eine Tischlerei ein. Das beschädigte Dach wich einer frei stehenden, hinterlüfteten Konstruktion – optimal gegen die portugiesische Hitze. Dabei entschieden sich die Beteiligten für eine kostengünstige Konstruktion aus geschraubten Brettbindern, die einfach zu montieren waren. Doch die Holzwerkstatt ist mehr als eine Baumaßnahme: Sie ist ein strategischer Dreh- und Angelpunkt für künftige Sanierungen. Die Kooperative erhielt bereits mehrere alte, schwere Maschinen von einer Handwerkschule, doch hatte bis dahin keinen geeigneten Ort, um sie sinnvoll zu nutzen.


Englischer Kiln, portugiesische Ziegel

Ein besonderes Experiment stellte das Wiederaufbereiten der alten Dachziegel dar. Mechanische Reinigung beschädigte das Material, daher kamen chemische Reiniger nicht infrage. Stattdessen erprobte das Team mit dem Keramikkünstler João Rolaça eine traditionelle Brenntechnik. In einem „Englischen Kiln“, einem Brennofen, wurden die Ziegel bei niedriger Temperatur behandelt, um organischen Befall zu entfernen. Das Ergebnis? Lehrreich, wenn auch nicht perfekt: Einige Ziegel sprangen durch Temperaturschwankungen, doch die Erfahrung war für die nächsten Sanierungen wertvoll.

Das nächste Kapitel für Casa Branca

Was kommt als Nächstes? 2025 nimmt das nächste große Vorhaben Form an: Zwei Doppelhaushälften sollen verbunden werden. Das Obergeschoss wird zu Wohnraum umgestaltet, das Erdgeschoss soll ein Café beherbergen – ein sozialer Treffpunkt für das Dorf. Damit soll auch die Präsenz der Mitglieder der Initiative und Künstler*innen im Dorf zunehmen. Neben baulichen Maßnahmen wie Dachausbesserungen und Durchbrüchen sind auch ein Schweißworkshop für neue Türen und ein Tadelakt-Workshop mit der portugiesischen Expertin Fatima Barahona vorgesehen. Ein Café im Herzen des Dorfes könnte genau das sein, was Casa Branca jetzt braucht: einen Ort der Begegnung und Anziehungspunkt für neue Besucher*innen.