Linoleumpotenziale: Das Designprojekt „Staging Lino“

Innenarchitekturstudierende erkundeten die gestalterischen Möglichkeiten von Linoleum abseits klassischer Einsatzbereiche. Die dabei entstandenen Objekte zeigen die mögliche Vielfalt des Naturmaterials.

Bodenbelag, Möbeloberfläche, Pinnwandmaterial: Normalerweise ist Linoleum auf diese drei Anwendungsfelder beschränkt. Das natürliche Material wird im Wesentlichen aus Leinöl, Korkmehl und Jutegewebe gewonnen und stellt daher eine ökologische Alternative gegenüber vielen kunststoffbasierten Materialien dar. Weil Nachhaltigkeit in der Baubranche bekanntlich einen immer höheren Stellenwert einnimmt, beschäftigten sich 21 Studierende des Studiengangs International Master of Interior-Architectural Design (IMIAD) an der Hochschule für Technik Stuttgart (HFT) mit der Ausweitung der Einsatzgebiete von Linoleum. Im Wintersemester 2022/23 folgte auf ein von Materialforscherin Dr. Kerstin Mayer geleitetes Seminar ein Semesterprojekt, das von Prof. Karsten Weigel, Dipl.-Des. Alexander Klein und Dipl.-Des. Melissa Acker betreut wurde. Die entstandenen Möbelstücke und Produkte wurden anschließend in einem Fotografie-Workshop mit Fotograf Philip Kottlorz dokumentiert.

Verborgene Fähigkeiten

Zum Auftakt des Semesters besuchten die Studierenden die Produktionsstätten des Linoleumproduzenten und Kooperationspartners Forbo in Assendelft bei Amsterdam. Dort konnten sie den Herstellungsprozess von den Rohstoffen bis zum fertigen Produkt erleben und sich von vergangenen Projekten mit anderen Universitäten und Unternehmen inspirieren lassen. Für das Seminar und das Entwurfsprojekt sponserte Forbo Boden-, Möbel- und Pinnwand-Linoleum in unterschiedlichen Farben. Dieses durfte mit einem weiteren ökologisch nachhaltigen Material kombiniert werden, wobei die Wahl meist auf Holz fiel. In einem ersten Schritt setzten sich die angehenden Innenarchitekt*innen mit den funktionalen Eigenschaften von Linoleum auseinander. Obwohl das Material besonders flexibel, elastisch und robust ist, findet es meist nur in flacher Form und als bloße Verkleidung Anwendung. Die Entwürfe fokussierten sich deshalb auf das Biegen oder Schichten des Linoleums, um sein volles Gestaltungspotenzial zu entfalten. Dabei kamen sogar statische Fähigkeiten zum Vorschein.

Vielfältige Qualitäten

Für ihre Lampe „alba“ benutzte Sophie Heyer geschichtetes Pinnwand-Linoleum, durch das eine ungewöhnliche Haptik und Optik entsteht. In Kombination mit einem Fuß lässt sich die Lampe auf unterschiedliche Art und Weise positionieren, sodass mehrere Lichtsituationen möglich sind und sie sich flexibel an verschiedene Gegebenheiten anpassen kann. Das Projekt „Boog“ von Julia Walter ist inspiriert von der Lagerung von Linoleum in Rollen. So zeichnet sich der Hocker durch drei geschwungene Bögen aus, die aus Möbel-Linoleum bestehen und an einer Holzunterkonstruktion befestigt sind. Der „madarica table“ von Lea Proß dagegen verwendet Möbel-Linoleum als konstruktives Element. Gebündelt, aufgefächert und in der Tischplatte eingespannt ist das elastische Material in der Lage, die Tischplatte zu tragen. Alle Projekte der Studierenden wurden im März 2023 auf der BLICKFANG Designmesse sowie im Mai 2023 auf der INTERZUM Köln ausgestellt.