Leichte Gewölbe aus Naturstein? Der Pavillon aus lastabtragenden Steinelementen

Ein interdisziplinäres DesignBuild-Projekt lotet die Qualitäten von Naturstein aus. Das Ergebnis verkörpert ein skulpturaler Pavillon, der die Schwere des Steins mit eleganter Geometrie und statischer Kohärenz aufbricht.  

Auf der Suche nach umweltfreundlichen Alternativen zu Beton setzt die Baubranche zunehmend auf Holz. Die Juniorprofessur für Massive Baukonstruktionen an der TU Dortmund fokussiert hingegen auf Naturstein. Um dessen konstruktiven Eigenschaften zu testen, errichtete eine Student*innengruppe unter der Leitung von Jun. Prof. Anne Hangebruch einen Pavillon mit lastabtragenden Steinelementen. Das kleine Bauwerk entstand als interdisziplinäres Projekt im Rahmen der Seminarreihe „Material und Konstruktion“. 

Vom Steinbruch zum Campus

Naturstein ist robust, kreislauffähig und CO₂-arm in der Herstellung. Doch wiegt seine Nachhaltigkeit die Herausforderungen von Gewicht und Verarbeitung auf? Mit sämtlichen Eigenschaften des Materials beschäftigte sich das Entwurfs- und Konstruktionsseminar „Pavillon aus Stein“, das im Sommersemester 2023 zusammen mit dem Industriepartner Bamberger Natursteinwerk Hermann Graser GmbH und dem Lehrstuhl für Tragkonstruktionen stattfand. Ziel war es, eine steinerne Struktur mit zementfreien Verbindungen zu planen. Um mit dem mineralischen Baustoff zu entwerfen, war es entscheidend, seine Herstellung und konstruktiven Eigenschaften zu verstehen. Wie Naturstein abgebaut und verarbeitet wird, erlebten die Teilnehmenden während des Besuchs im Steinbruch Schlossbrunnenbruch und eines Workshops im Werk des Industriepartners.  

Als Ergebnis des Seminars überzeugte Ieva Saudergaites Pavillonkonzept durch seinen räumlichen und materialgerechten Konstruktionsansatz, bei dem die Elemente fast ausschließlich auf Druck beansprucht wurden. Auf Grundlage ihres Entwurfs übernahm die Juniorprofessur die Weiterbearbeitung bis zur Ausführungsreife.

Pavillon im Schwergewicht 

Im Sommersemester 2024 setzten sich Architektur- und Bauingenieurstudierende mit der nächsten Planungsphase auseinander. In einem interdisziplinären Wahlpflichtfach entwarfen und berechneten sie die statischen Anforderungen und Kosten des Holzgerüsts, das den Aufbau des Pavillons ermöglichte. Die Hilfskonstruktion wurde in der Modellbauwerkstatt der TU Dortmund fertiggestellt und für die präzise Positionierung der Steine vorbereitet. 33 gefräste Steinblöcke, die der Industriepartner mit einem fünfachsigen Roboter formte, wurden millimetergenau mit einem Mobilkran montiert. Eine komplexe Angelegenheit, da die einzelnen Steine zwischen 80 Kilogramm und 1,4 Tonnen wogen.

Doch war ein vollständig zementfreier Bau möglich? Die Fundamente bestehen aus Granit und wurden mit Stahlstangen stabilisiert, sodass kein Beton notwendig war. Auch in den Fugen der Steinblöcke kam zementfreier Trasskalkmörtel zum Einsatz.

Skulpturale Qualitäten treffen auf konstruktive Kohärenz

Fassadenbekleidung, Bodenbelag oder Küchenarbeitsplatte – oft wird Naturstein als hochwertiges Oberflächenmaterial eingebaut, ohne eine statische Rolle zu übernehmen. Im DesignBuild-Projekt konnten die Teilnehmenden das Material entlang seiner Wertschöpfungskette begleiten und erlangten ein tiefes Verständnis für seine Beschaffenheit und konstruktiven Möglichkeiten. Auch wenn der Pavillon die Einsetzbarkeit von tragenden Natursteinstrukturen im Bauwesen nicht vollumfänglich belegen kann, so setzt er doch ein Zeichen und bereichert mit seiner skulpturalen Präsenz den Campus. 

Anmutig, feingliedrig und leicht wirkt das kleine Bauwerk aus weiß-grauem Mainsandstein, unter dessen symmetrischem Gewölberaum sich ein lebendiger Treffpunkt etablieren soll. Dafür überlegt sich die Juniorprofessur Massive Baukonstruktionen eine entsprechende Nutzung. Im Rahmen des Wahlpflichtfachs UMBAU.BAR planen Studierende eine mobile Kaffeebar, die ab Sommer 2025 den Pavillon bespielen soll.