Forum auf dem Schulhof: DesignBuild-Projekt „mobile pavilion“ für die „documenta“ in Kassel

Im Rahmen des Projektes „Der Raum_Questioning documenta fifteen“ haben Studierende der Universität Kassel einen mobilen Pavillon entworfen und gemeinsam mit Schüler*innen und Lehrer*innen auf einem Kasseler Schulgelände realisiert.

Eine der weltweit bedeutendsten Kunstausstellungen in der eigenen Stadt – damit soll sich auch bereits die ganz junge Generation auseinandersetzen. Im gesamtschulischen Projekt „Questioning documenta fifteen“ beschäftigen sich die Schüler*innen der Georg-Christoph-Lichtenberg Schule in Kassel im Schuljahr 2022 mit der 15. Ausgabe der „documenta“ und den Konzepten des kuratierenden Künstlerkollektivs „ruangrupa“. Um unter anderem dafür Raum zu bieten, hat das Fachgebiet Entwerfen und Baukonstruktion und Studierende der Universität Kassel, in Zusammenarbeit mit der „documenta 15“ und der Georg-Christoph-Lichtenbergschule, einen flexiblen Begegnungs- und Veranstaltungsort entworfen und realisiert. Der „mobile pavilion“ entstand unter Leitung der Dozent*innen Nora Grzywatz und Benjamin Zweig und sollte als anpassbarer Ort für offenen Austausch und Diskussionen auch über den schulinternen Dialog hinaus dienen.

Partizipation macht Schule

Kurz nach der Projektinitiierung und den Absprachen mit der Schuldirektion kamen die Schüler*innen und die Architekturstudierenden der Univesität Kassel bereits zusammen. In einer Projektwoche im November 2021 brachten die Studierenden die Aufgabe des Semesterprojekts „der.raum“ mit in die Schule und erarbeiteten vor Ort gemeinsam mit Schüler*innen und Lehrenden Konzepte für einen Begegnungsort auf dem Schulhof. Alle Beteiligten hatten sich im Vorfeld mit Architekturreferenzen bestehender Pavillons beschäftigt. Während des Workshops fanden Standortuntersuchungen, erste Entwurfsansätze sowie der Bau von Modellen statt. Dabei ergänzten die Schüler*innen die bestehenden Projektgruppen der Studierenden und brachten Bedürfnisse und Wünsche ein, die sich auf das Konzept auswirken sollten. Durch den partizipativen Ansatz ergab sich das Ziel, statt einem weiteren Klassenzimmer einen Raum des Austausches mit variablen Nutzungsmöglichkeiten zu schaffen, der zu einem aktiven Teil des Bezirks werden sollte.

Gemeinsam einbringen und umsetzen

Nach der Ausarbeitung in 13 studentischen Konzeptgruppen, wurden im Dezember 2021 zwei Projekte von einer Jury, bestehend aus Vertreter*innen der „documenta“, der Schule und der Universität Kassel, ausgewählt. Davon wurde letztlich der „mobile pavilion“ von Leonie Freyberg und Victoria Eyrich zur Realisierung freigegeben. Die restlichen Gruppen blieben weiterhin an dem Projekt beteiligt und teilten sich in „Expertengruppen“ auf, die unter anderem für Statik-, Ausführungs-, Material- und Kosten verantwortlich waren. Nach dem Erteilen der Baugenehmigung und der Ausarbeitung der Statik wurde das Projekt innerhalb von zwei Wochen in Eigenarbeit der Studierenden mit Hilfe der Schüler*innen, Lehrer*innen und sogar der Eltern auf dem Schulhof errichtet und an die Schule übergeben.

Mobil, flexibel und überdacht

Ob Unterricht, Ausstellung, Diskussionspanel oder einfach nur die wohlverdiente große Pause: All das soll in der neuen Kleinstarchitektur möglich sein. Leonie Freyberg und Victoria Eyrich haben den Holzbau bestehend aus vier Modulen so entworfen, dass diese sich je nach Bedarf zueinander anordnen lassen. Die 2x4 Meter großen Elemente können auf unterschiedliche Weise über Spanngurte miteinander verbunden werden, wodurch eine Vielzahl von Raumkonstellationen möglich gemacht wird. Durch den Einsatz von höhenverstellbaren Stützen soll sich der Pavillon der Umgebung anpassen und auch auf unebenen Flächen platziert werden können. In der Innenseite der Holzkonstruktion lässt sich ein Vorhang anbringen, der je nach Bedarf geschlossene oder halboffene Räume erzeugen kann. Um vor Wettergegebenheiten zu schützen und gleichzeitig einen diffusen Lichteinfall möglich zu machen, sind die Dachflächen mit transparentem Polycarbonat abgedeckt. Zudem lässt sich, je nach Position, zwischen den Modulen ein Sonnensegel spannen und anbinden. Damit Auf- und Abbau möglichst unkompliziert und von jedem realisierbar sind, haben die Studierenden ihr Projekt in Leichtbauweise nach einem Baukastenprinzip entworfen. Die Verwendung möglichst simpler Konstruktionselemente sowie recycelter Materialien ermöglichte den kostengünstigen, nachhaltigen Selbstbau-Pavillon.

Rechtwinklig ausgestellt

Auf Anfrage der Universität Kassel, sollte der Entwicklungsprozess und das Projekt „mobile pavilion“  auf den uniinternen Jubiläumsfeierlichkeiten vorgestellt und präsentiert werden. Das Fachgebiet für Entwerfen und Baukonstruktion initiierte daraufhin ein weiteres DesignBuild-Projekt — diesmal für eine entsprechende Ausstellungsarchitektur. Aus zahlreichen Entwürfen wurde schließlich das Konzept „raum:winkel“ von Almina Hennig Omičević und Benjamin Hennig Omičević für eine Umsetzung ausgewählt. Der Entwurf lehnt sich an das Konzept des „mobile pavilion“ an und ist ebenfalls ein Ensemble mehrerer Module aus Holz. Das neue Ausstellungs-Projekt umfasst einzelne rechtwinklige Holzkonstruktionen, die erhöhte Sitzmöglichkeiten sowie senkrechte Flächen zur Hängung von Plänen und Bildmaterial bieten. Zwei der „raum:winkel“ wurden in Vorbereitung für das Campus-Fest im Juni 2022 realisiert und mit einer Ausstellung zum Bauprozess des „mobile pavilion“ bespielt. Seit August 2022 stehen die beiden mobiliaren Bauten am Campus und sollen hier weiterhin als Aufenthaltsflächen dienen.