Ephemere Bauten mit dauerhafter Wirkung: Das international tätige Duo brasebin terrisse

Wie positioniert sich ein junges Zweierteam in der internationalen Architekturlandschaft? Durch den Gewinn von zwei internationalen Wettbewerben – Europan 17 und der Biennale in Tallinn – erlangten brasebin terrisse europäische Anerkennung. Wie geht es weiter?

Sie präsentieren sich als Duo: Elisabeth Terrisse de Botton und Matthieu Brasebin arbeiten von Brüssel aus in ganz Europa. Selten agieren Architekturschaffende von Beginn an so international. Ihre Entwürfe und ihr beruflicher Ansatz strahlen eine erfrischende Leichtigkeit aus und passen sich den unterschiedlichsten Kontexten an. Wie erreicht man aber mit ephemeren Bauten eine dauerhafte Wirkung in der Architekturszene?

#StudioUnderConstruction wirft einen Blick auf Entstehungsgeschichten, Projekte und Philosophien von Architekturbüros, die ihre Gründung innerhalb der letzten fünf Jahre vollzogen haben – oder mittendrin stecken. Eine Reihe von und für Newcomer*innen.

Wettbewerb als Prüfstein

Sie aus Barcelona, er aus Paris, trafen sich in Lausanne und fanden vor vier Jahren gemeinsame Basis in Brüssel. In ihrer Wahlheimat arbeiteten beide in Architektbüros, an Großprojekten. Für die beiden ein doch zu enges Korsett, um herauszufinden, was sie als Architekt*innen leisten und erreichen möchten. Elisabeth suchte ihren eigenen Weg und erkundete zunächst das Malen als neue Ausdrucksform. Dies entfernte sie aber nicht von der Planung, sondern spannte ein weites gestalterisches Feld auf, in dem sie ihrer entwerferischen Ambition nachgehen konnte. 

Und welche Möglichkeiten haben Architekt*innen, deren Karriere noch am Anfang steht? 2023 entschieden sich Elisabeth und Matthieu, am offenen Wettbewerb Europan 17 teilzunehmen – eine der wenigen Gelegenheiten für anstrebende Planer*innen –, um ihre Arbeitskompatibilität zu prüfen. 

Ein kroatischer Exkurs – Mit den Elementen der Natur planen

Elisabeth und Matthieu erkundeten alle Europan-Standorte separat und konzentrierten sich dann auf eine Entwurfsaufgabe, die beide ansprach. Entscheidend war das Thema, nicht die Aussicht auf Folgeaufträge. In der kroatischen Küstenstadt Makarska fanden sie gleich mehrere Anknüpfungspunkte an der Schnittstelle von öffentlichem Raum, Tourismus und Gastronomie. Die zwei Architekt*innen nutzten ihre persönlichen Hintergründe, um die Site mit minimalen Eingriffen neu zu interpretieren. Ihr Projekt „Earth, Wind & Water“ überzeugte die Jury mit der sensiblen Sequenz von Interventionen, die auf die steile Topografie, klimatischen Besonderheiten und Kultur von Makarska einging. 

Ein erfolgreiches 2024

Der Europan-Gewinn besiegelte die Zusammenarbeit des Paars, die sie 2024 erfolgreich fortsetzten: Im Frühjahr kollaborierten sie mit dem „Make It Rain“-Team und errichteten einen ephemeren Pavillon für das Concéntrico Festival in Spanien, im Herbst bauten sie in Estland. Im Rahmen der Tallinn Architekturbiennale planten und bauten sie den Haltestelle-Pavillon „No Time to Waste“ ausschließlich mit lokalen Materialien.

Brasebin-Terrisse scheuen keine Herausforderung oder Entwurfsaufgabe. Ob Lampendesign für die Brüsseler Kunstmesse ADAF oder Pavillon für das HORST-Festival in Belgien, sie bleiben experimentierfreudig und beteiligen sich gerne am gesamten Prozess, vom Entwurf bis zur Umsetzung. Dabei arbeiten sie entweder als Duo oder zusammen mit größeren Teams.

 

Arbeitskultur: international, grenzenlos und undefiniert

Elisabeth und Matthieu haben keine privaten Aufträge, sondern setzen auf internationale Wettbewerbe. Ihre Herangehensweise: europaweite Offenheit. Dank ihres kulturellen und gestalterischen Anpassungsvermögens überschreitet das Duo geografische Grenzen. Mit Verspieltheit und Neugier verlassen sie in jedem Projekt ihre Komfortzone. Ihre minimalinvasiven Interventionen im öffentlichen Raum zeugen von einer entspannten Unmittelbarkeit. Dabei leistet u. a. die belgische Agentur WBA, die lokale Architekt*innen fördert, eine bedeutende Unterstützung.

„In Europa haben wir das Gefühl, dass wir fast überall arbeiten können. Man ist nicht an einen Raum, ein Land oder eine bestimmte Vorschrift gebunden. Und weil Architektur eine gemeinsame Sprache ist, die Architekt*innen mit vielen verschiedenen Menschen sprechen, gibt es die Möglichkeit, fast überall Projekte zu machen. Für uns war es am Anfang ein Zufall, aber nach und nach wurde es zur Selbstverständlichkeit.“ Brasebin-Terrisse

brasebin terrisse will sich in der Form seiner Zusammenarbeit nicht festlegen. Beide agieren als Individuen unter einem gemeinsamen Namen und bleiben offen für Kooperationen, die ihren Erfahrungshorizont erweitern sollen. Dabei möchten sie schrittweise, ohne Eile, eine Bürostruktur und Arbeitskultur aufbauen, die beide überzeugt. Vorläufig genießen sie die Unbestimmtheit dieser Phase und bewahren Flexibilität und Freude am Schaffen. So ätherisch wie ihre Architektursprache ist auch die Leichtigkeit ihres Ansatzes.