Januar / Februar 2020
Technische Universität München
Wohngigant
Ein Wohnhochhaus in der Stadt
Technische Universität München
Master
10.10.2019
Lehrstuhl für Städtische Architektur, Prof. Fink
Wohnbauten
ArchiCAD, Photoshop
Vertikale Wohngiganten prägen seit der Nachkriegszeit die Silhouetten deutscher Innenstädte. Von dem Fortschritts- und Euphoriegedanken der 60er und 70er Jahre getragen wuchsen sie, als Zeichen der modernen gelebten Stadt, in den Himmel. Die Häuser waren dabei nicht nur eine pragmatische Lösung der Wohnungsknappheit, sie vermittelten vielmehr den Anschein einer Utopie vom besseren Leben mit allem Komfort.
Der Entwurf greift die Ideen der 60er und 70er Jahre auf, interpretiert sie neu und versucht die damals verspürte Euphorie wieder zu finden. Wohnen wir nicht gerne in Häusern, die das normale hinterfragen und den Reiz der Radikalität verspüren? Mit dem Entwurf sollen die gewohnten Maßstäbe werden und in Zeiten von zunehmendem Flächenverbrauch und Urbanisierung Wohnraum geschaffen werden, der den Konventionen trotzt und wie die Nachkriegsepoche nach neuen Formen des Wohnens sucht.
Das Haus steht auf einem beinahe vergessenes Grundstück mitten in der Stadt, unmittelbar am Augsburger Hauptbahnhof, einer Insel, die umspült wird von noch aktiven Güter- und Rangiergleisen, einem Restraum, der sich zunächst nicht zwingend zum Wohnen eignet. Das Gebäude versteht sich als Wächter an der Bahn, der den Bahnhof markiert, sowie das Ankommen in der Stadt prägt. Der auskragende Kopf schaut in und über die Stadt. Das Haus stellt sich dem Lärm und der Geschwindigkeit der vorbeifahrenden Züge entgegen und nimmt sie zugleich Formal durch seine horizontale Gliederung auf. Das Haus baut sich auf einem robusten Stützensystem auf. Im Regelgeschoss den Etagen 2-20 befinden sich unterschiedliche Wohnungen, die nach den gleichen Prinzipien aufgebaut sind. Eine Stütze markiert den Eingangsbereich und zoniert die Wohnung, hier ist die Decke niedriger, sodass eine Schwelle zum Wohnraum ausgebildet wird. Den Wohnungen vorgelagert ist eine umlaufende Wintergartenschicht. Diese dient als Pufferschicht, eine äußere Haut gegen die vorbeirauschenden Züge, den Lärm und bietet zu gleich die Möglichkeit einer Wohnraumerweiterung. Sie ist Loggia und Wohnraum zugleich. Im 21. Geschoss, am Knick, befindet sich das Herzstück des Hauses, ein den Bewohnern dienendes Geschoss zum Sport machen. Zwischen den Stützen sind der Schräge folgend Tribünen eingefügt, die Träger rhythmisieren den Raum. In den oberen sechs Geschossen befinden sich je über zwei Etagen Maisonettewohnungen. Im unteren Geschoss wird gewohnt darüber geschlafen. Die vorgelagerte Wintergartenschicht ist hier zweigeschossig. Sie wird durch ihre tiefe zum grünen Zimmer, zum Garten hoch oben über der Stadt. Den Abschluss des Hauses bildet ein den Bewohnern zugängliches Dachgeschoss. Eine umlaufende Gartenzone aus Hochbeeten setzt das Element der umlaufenden Schicht fort. Der Charakter des Hauses bedient sich einer Referenzwelt, die dem Ort gerecht wird. Ein technisches, metallisches und robustes Haus, das Elemente aus der Industrie und der Bahn aufgreift und sich so am Ort zwischen den Gütergleisen und der Stadt verhaftet.