Juli / August 2022
Hochschule Würzburg-Schweinfurt
Ideal
Zur ethischen Kritik der Architektur
Hochschule Würzburg-Schweinfurt
Bachelor
07.07.2020
Dipl.-Ing. Prof. Wolfgang Fischer
Theoretische Themen
InDesign, Rhino, V-Ray, Archicad, Photoshop
Braucht es in der alltäglichen Architekturpraxis moralische Überlegungen? Stehen Architektinnen in einer ethischen Verpflichtung? Wer hat Recht? Was müssen wir buchstäblich in Stein meißeln? Brauchen wir Ideale?
Wer sich auf solchen Fragen keine Antworten zusammenreimen kann, sei vertröstet – das konnte beziehungsweise kann ich auch nicht. Deshalb beginnen wir bei null. Dem Wunsch und Anspruch folgend, eine fundierte persönliche Position zu beziehen, stellte ich mich in meiner Thesis diesen und weiteren Fragen. Mit dem Ziel, effektive Ansätze für eine wirkungsvolle und sinnhafte Architekturproduktion zu identifizieren und Gestaltung mit Moralphilosophie auf einen Nenner zu bringen.
Denn, obwohl Architektinnen und Gestalterinnen aller Art seit jeher Mitspracherecht bei Wertefragen für sich beanspruchen, sind diese Diskussionen oft sehr unscharf sowie höchst abhängig von Zeitgeist, persönlicher Überzeugung oder lediglich dem individuellen Geschmack.
Es wird über 'das Schöne', 'das Richtige', 'das Gute' gesprochen. Nicht zuletzt in den heiligen Hallen der Architekturfakultäten wird im Zuge solcher Wertezuschreibungen mit allerhand wohlklingenden und mehr oder weniger schlüssig begründeten Phrasen um sich geworfen. Hier wird jedoch keineswegs von Schuld befreit der Zeigefinger erhoben, zumindest aber auf ein paar offensichtliche Probleme hingedeutet: So manchem studierenden oder praktizierenden Architekten fehlt es an Orientierung, nicht selten auch an Rückgrat. Es öffnet sich eine große Kluft zwischen theoretischem Diskurs und moralischen Überzeugungen auf der einen Seite und der tatsächlichen Produktion unserer gebauten Umwelt auf der anderen.
Die selbst entwickelte Aufgabenstellung der Arbeit nähert sich dieser Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis von verschiedenen Blickpunkten ausgehend. Zwei Fotodokumentationen, eine statistische Sammlung, eine Umfrage und dreizehn themenorientierte Essays fügen sich zu einem in zwanzig Kapitel sortierten Gedankenspaziergang. Dabei wird für eine relationale Neudefinition des Sammelbegriffs Architektur plädiert und damit bewusst über eine gelebte, nichtmehr nur eine gebaute Umwelt gesprochen.
Anstatt eigene Ideale voreilig zu veräußern oder in einen Entwurf zu übertragen, wird Zeit und Raum für Introspektion und Erörterung gegeben. Die Suche ist das Ziel und Naivität hat Vorfahrt. Architektur wird im besseren Sinne des Wortes wieder etwas Fragwürdiges.
Ganze Arbeit zum Download auf moritzruben.de.
Text: Moritz Hahn.