Jurypreis
Nächstes Projekt 08/20  

November / Dezember 2019

Technische Universität Darmstadt

Eine Burg für Gäste

Revitalisierung der Ruine Ehrenfels

von Otto Closs

Hochschule:

Technische Universität Darmstadt

Abschluss:

Master

Präsentation:

30.07.2019

Lehrstuhl:

Entwerfen und Gebäudelehre / Prof. i.V. Dipl.-Ing Ruben Lang

Rubrik:

Hotelbauten

Software:

Rhino, Vray, Adobe CC

Warum gehen wir auf Wanderschaft?

Durch die fortdauernde Verstädterung und die soziale Isolation durch Technik besitzen die Leitthemen der Romantik auch heute noch aktuelle Relevanz. Diese Entfremdung führt zu einer fast romantisierten Vorstellung von Natur, historischen Orten und praktischer Tätigkeit. Die Suche nach dem einfachen ländlichen Leben treibt immer mehr Menschen aus ihrem urbanen Kontext voller Überfluss in eine scheinbar vergessene Welt.

Dabei geht es nicht unbedingt um soziale Askese, sondern um den Verzicht auf Technik, Stress und Überfluss. Im Gegenteil sogar - in dieser analogen Welt stehen vor allem persönliche Kontakte und sozialer Umgang im Vordergrund. Das Gasthaus muss somit sozialen Treffpunkt sowie individuellen Rückzugsort räumlich miteinander verbinden. Es ist ein bescheidener Schutzbau, welcher für eine Nacht ein zu Hause werden soll.

Die Burgruine Ehrenfels bei Bingen, einst ein klassischer Festungsbau, steht heute verlassen, abseits der gewohnten Wanderwege. In der Rheinromantik als Symbol einer naturverbundenen Vergangenheit verklärt, scheint sie nahezu prädestiniert für eine etwaige Typologie und soll somit erneut zu einem Ort in der Fremde werden. Der Eingriff in das Baudenkmal entsteht dabei bewusst und soll in der Revitalisierung des Gebäudes einen alternativen Umgang zu der üblichen Konservierung aufzeigen.

Da der ursprüngliche Rückzug vor einer physischen Gefahr längst obsolet geworden ist, übersetzt sich die neue Funktion - vor dem Hintergrund des historischen Kontexts - in den Rückzug aus der modernen Welt in einen bescheidenen aber persönlichen Ort. Ähnlich der alten Schutzkaskade einer Burg wird im Gasthaus eine räumliche Staffelung ausgebildet, die den Rückzug von öffentlicheren in privatere Bereiche ermöglichen soll.

Freiraum - Der Wanderer betritt das Gasthaus durch den ursprünglichen Eingang der Burg. Zugleich wird er aus seinem Umfeld in den Kosmos der Burg gezogen. Im Erdgeschoss lässt sich das Gebäude durchlaufen, ohne in die verschiedenen Nutzungsbereiche eintreten zu müssen.

Gasthaus - Das Herz des Gebäudes bildet das zentrale Gasthaus inmitten der alten Burgmauern. Dort überschneiden sich das administrative Hofhaus und der Veranstaltungssaal über zwei Geschosse miteinander. Zwei Innenhöfe belichten die Innenräume und schaffen eine Vielzahl an gezielten Durchblicken zwischen den einzelnen Bereichen. Trotzdem lassen sich die Funktionen voneinander trennen und autark nutzen.

Herberge - Die oberen drei Geschosse wachsen aus den Bestandsmauern empor und ermöglichen somit den Blick in das Rheintal. Dort staffelt sich die Herberge in immer privatere Etagen als Rückzugsort für den Wanderer. Während sich das Gemeinschaftsgeschoss nach Westen orientiert, sind alle Schlafkammern zur aufgehenden Morgensonne ausgerichtet.