Platz 9
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November / Dezember 2018

Technische Universität Braunschweig

Das Begreifen des Anthropozäns durch Architektur

Understanding the Anthropocene through Architecture

von Oskar Gamböck

Hochschule:

Technische Universität Braunschweig

Abschluss:

Master

Präsentation:

20.09.2018

Lehrstuhl:

Institut für Entwerfen und Raumkomposition / Prof. Volker Staab + Dr. Martin Peschken

Rubrik:

Experimentelle Entwürfe

Software:

ArchiCAD, Cinema4D, Rhinoceros, Adobe Photoshop, Adobe InDesign

Die Arbeit stellt eine architektonische Auseinandersetzung mit dem Anthropozän dar. Als bauliche Aufgabe entstand dabei ein DNA-Speicher, der sämtliches Leben auf der Erde speichern & präsentieren soll. Dabei ging es nicht nur um die architektonische Ausformulierung & ob Architektur bei dieser Fragestellung mehr als nur einen Rahmen stellen kann, sondern auch um den besonderen Umgang mit dem Standort.
 
Das Konzept Anthropozän taucht erstmals bei Crutzen auf. Er bringt die Veränderung der natürlichen Welt in Verbindung mit dem Einfluss des Menschen. Das Anthropozän ist aber kein rein deskriptives Konzept, sondern wird immer mit einem Auftrag verbunden.
Doch welche Möglichkeiten gibt es mithilfe der Kunst, die Zerstörungen der Welt konstruktiv aufzuarbeiten? Davis & Turpin postulieren, dass das Anthropozän ein sensorisches Phänomen ist; es beschreibt das Erlebnis in einer geschädigten & schädlichen Welt zu leben. Sie argumentieren, dass Kunst einen Raum der Begegnung mit dem Anthropozän bietet. Sie kann als nicht moralische Instanz diskursiv, visuell & sensorisch Katastrophen unserer Zeit thematisieren. Architektur kann dabei mehr Möglichkeiten des sensorischen Erlebens schaffen. Das Projekt versucht in Anknüpfung daran ein umfassenderes Potential der Architektur zu erkennen & Räume zu schaffen, in denen wir dem Anthropozän begegnen – konstruktiv, pädagogisch, sensorisch, & kritisch.
 
Die stillgelegte Braunkohlegrube in Schöningen wurde neben dem Abbau vor allem durch den Fund der „Schöninger Speere“ bekannt. Ihre Bedeutung für den Entwurf leitet sich aus ihrer Geschichte und aus ihrer ökologischen, ökonomischen, sozialen & kulturellen Bedeutung ab. In ihr verbinden sich Vergangenheit, Gegenwart & Zukunft. Lübbe stellt fest, dass die Gegenwart den entscheidenden Erfahrungsraum darstellt, in dem wir über Vergangenheit nachdenken & die Zukunft konstruktiv planen. Die Schöninger Grube soll für diesen Entwurf genau dies bilden. Dies soll auch dadurch erreicht werden, dass das Ökosystem der Grube weitestgehend sich selbst überlassen werden soll. So werden Kontingenzräume geschaffen & der Natur Raum gegeben, sich zu entwickeln & von sich aus zu reagieren. Die Veränderung der Grube ist kaum absehbar; es könnten sich jedoch interessante Spannungen zwischen dem ehemals industriellen Raum & dem Einzug von Flora & Fauna ergeben, die dem Besucher des Speichers einen Einblick in die spannungsvolle Geschichte des menschlichen Einflusses auf der Erde geben.
 
Auch der geplante Speicher greift diesen Ansatz auf. Indem er das gesammelte Leben auf der Erde einlagert & den Besuchern zugänglich macht, kann die schiere Anzahl anderer betroffener Lebewesen & Pflanzen erlebt werden. Auch er verortet sich zunächst in der Gegenwart. Seine Zukunft bleibt offen, doch ggf. kann auch nur der untere Teil als Zeitkapsel erhalten bleiben.

Zusammenfassend möchte das Projekt dazu aufrufen, ein neues, erweitertes Bewusstsein für den derzeitigen Zustand der Erde zu entwickeln.