Gesegnetes Comeback: Das Studio Ressource Research Reset

Im Rahmen eines zweiteiligen Masterstudios an der Technischen Universität München widmeten sich Studierende der architektonischen Weiterentwicklung und Umnutzung von Kirchenräumen.

Infolge gesellschaftlicher und religiöser Transformationsprozesse scheinen immer mehr Gotteshäuser aus der Zeit zu fallen. Besonders Kirchen der Nachkriegsmoderne wirken heute überdimensioniert, einseitig nutzbar und sind wirtschaftlich kaum tragbar. Angesichts ihrer zentralen städtebaulichen Lage und kulturellen Bedeutung stellt sich jedoch die Frage, wie diese Gebäude zukunftsfähig und nachhaltig umgenutzt werden können, ohne ihre architektonische Substanz zu verlieren.

Mit dieser Herausforderung setzten sich die Teilnehmenden des Entwurfsstudios Ressource Research Reset unter der Leitung von Prof. Uta Graff am Lehrstuhl für Entwerfen und Gestalten der Technischen Universität München auseinander. Ziel war es, bestehende Kirchenbauten nicht nur vor dem Verfall zu schützen, sondern diese unter Wahrung und zeitgemäßer Neuinterpretation ihrer architektonischen Qualitäten behutsam in neue Nutzungskonzepte einzubinden. 

Die drei Re*-Leitbegriffe bildeten dabei die Grundlage des Kurses:

  • „Ressource“ steht für das architektonische Potenzial und die kulturelle Bedeutung der Kirchenräume.
  • „Research“ fordert eine gründliche Analyse der historischen und baulichen Gegebenheiten.
  • „Reset“ eröffnet die Möglichkeit eines Neuanfangs und lädt zu einem zukunftsorientierten Umgang mit diesen Räumen ein.

Pool statt Taufbecken

Startschuss der Projektreihe fand im Sommersemester 2024 statt. Im ersten Teil des Studios untersuchten die Studierenden die Kirche St. Johannes in Ingolstadt, die vom Architekten Theo Steinhauser im Jahr 1964 entworfen wurde. Dabei galt es gleichermaßen, den baulichen Bestand wie den urbanen Kontext zu analysieren. Die Entwürfe sollten sowohl neue Nutzungen als auch bauliche und strukturelle Veränderungen berücksichtigen. In Form von Modellen, Fotografien und Zeichnungen Wurden dann die Ergebnisse präsentiert.

Unter anderem entwickelten Johanna Schindhelm und Alissa Bodler-Breuning aus dem ehemaligen Sakralbau ein Badehaus, bei dem Entwurf wurde das Mittelschiff der Kirche zum Schwimmbecken transformiert. Ein ähnlich unkonventionelles Konzept wählten Louis Ostermayer und Leonard Weber: Wo ehemals Gottesdienste stattfanden, könnte heute Bier gebraut werden.

Wohnen in der Kirche

Im Wintersemester 2024/25 befassten sich die Studierenden im zweiten Teil des Studios mit der architektonischen Weiterentwicklung und baulichen Ergänzung des Kirchenzentrums St. Mauritius in München-Moosach, entworfen vom Architekten Herbert Groethuysen im Jahr 1967. Das seit August 2024 unter Denkmalschutz stehende Gebäude diente dabei als Ausgangspunkt für die vorgegebene Aufgabe, eine neue gemeinschaftliche Wohnnutzung zu entwerfen. Die Auseinandersetzung umfasste dabei den rücksichtsvollen Umgang mit dem baulichen Bestand sowie die Einbindung in den städtebaulichen Kontext. Ferner galt es, konkret über mögliche Formen des gemeinschaftlichen Wohnens und deren räumlichen Bedarf nachzudenken.

Die Entwürfe reichten von einem offenen Frauenhaus bis hin zu einer Begegnungs- und Wohnort für Künstler*innen. Lotte Becher und Nicolas Holzapfel entwickelten mit ihrem „Haus in Bewegung“ einen multifunktionalen Lebensraum, der Arbeiten und Wohnen sowie Innen- und Außenraum verbindet.

Anerkennung durch Ausstellen

Mit den Projektergebnissen leisten die Teilnehmenden einen Beitrag zu einer Umbaukultur, die nachhaltige Architekturpraxis mit gesellschaftlicher Bedeutung verknüpft. Sie fanden ihren Ausdruck in einer Ausstellung im DG Kunstraum München und wurden im Kontext einer öffentlichen Präsentation und einem interdisziplinären Diskurs vertieft und reflektiert. Den Abschluss bildet die Finissage am 05. Juni, begleitet von einer Performance, die die Projektreihe auf alternative Weise neu interpretiert.