bauhaus | documenta. Vision und Marke Daniel Tyradellis über die Ausstellung in Kassel

21.05.2019

Kurator Daniel Tyradellis, Foto: Anita Affentranger, © Daniel Tyradellis
Kurator Daniel Tyradellis, Foto: Anita Affentranger, © Daniel Tyradellis
Bild: Anita Affentranger

Am Freitag, 24. Mai eröffnet in Kassel die Ausstellung „bauhaus | documenta. Vision und Marke“, die erstmals beide Kulturinstitutionen im Vergleich reflektiert. Im Mittelpunkt steht deren Entwicklung zu Kulturmarken, die kritisch hinterfragt werden soll: Wo bleiben sich die Marken treu als Verpflichtung zu Innovation und Fortschritt, wo sind sie Teil einer interessensgeleiteten Vereinnahmung? Baunetz sprach mit dem Philosophen Daniel Tyradellis, der die Ausstellung zusammen mit dem Architekten und Publizisten Philipp Oswalt kuratierte.

Herr Tyradellis, was hat die documenta mit dem Bauhaus zu tun?

Das liegt zugegebenermaßen nicht gerade auf der Hand. Uns geht es in der Ausstellung weniger um konkrete personelle Zusammenhänge wie etwa die auf den ersten documenta-Ausstellungen vertretenen Bauhäusler – darüber informiert das Begleitbuch ausführlich –, sondern um die systematische Frage, wie es beide geschafft haben, zu weltweit bekannten Marken zu werden. Es gibt ja nicht viele solcher Marken im Kunst- und Kulturbereich, denen das gelungen ist, schon gar nicht in Deutschland.

Was ist die Botschaft der Ausstellung?
Die Botschaft fällt mehrschichtig aus. Zum einen: Auch im Jubel-Jahr bitte den Ball flach halten. Auch wenn es sich um weltbekannte Marken handelt, sind Bauhaus wie documenta heute doch vor allem Tummelplätze für Akademiker und Besserverdienende. Das sollte man nicht vergessen. Die andere Botschaft ist, dass eine etablierte Marke wie das Bauhaus oder die documenta eine Schlagkraft hat, Aufmerksamkeit zu erzeugen, Energien zu bündeln und damit Fragen, die gesellschaftlich wichtig sind, überhaupt erst eine Plattform zu verleihen. Dass das geschieht, ist natürlich ein Gewinn. Die Antworten bleiben ambivalent und müssen es wohl auch.

Der documenta-Initiator Arnold Bode studierte in den Jahren 1919 bis 1924 Malerei und Grafik an der Kunstakademie in Kassel. Mitte der 1920er Jahre gründete Bode die Kasseler Sezession mit. Können Sie etwas über Arnold Bodes persönliche Verbindungen zum Bauhaus in dieser Zeit
sagen?
Da kann ich nur auf den Beitrag von Birgit Jooss in dem Begleitbuch zur Ausstellung verweisen, die das sehr genau aufdröselt. Kurz gesagt: Durch seine Lehrer an der Kunstakademie machte Bode früh Bekanntschaft mit der Idee einer Verbindung von freier und angewandter Kunst, wie sie vom Werkbund und vom Bauhaus propagiert wurde. Zunächst fand der Kunststudent das doof, besann sich dann aber eines Besseren und sah in dem ganzheitlichen Ansatz das Potenzial zu einer größeren gesellschaftlichen Wirksamkeit. 1923 fuhr er eigens nach Weimar, um sich das Bauhaus und seine Werkstätten anzuschauen. Der Gründung der Kasseler Sezession ging dann 1927 eine Ausstellung voraus, in der er als Maler vertreten war, ebenso wie zahlreiche Bauhäusler, denen er sich sicherlich geistesverwandt fühlte.

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