#ToBeContinued: Bühnen für die Stadt

Veronika Zaripovas Arbeit vereint Elemente der Theater- und der Baukunst. Architektur und Bühnenbau treffen in ihrem Abschlussprojekt „Urbane Proberäume“ aufeinander. #ToBeContinued begleitet die Entwicklung des Projekts von der Entstehung des Konzepts im Masterstudium bis hin zu den ersten Schritten der Umsetzung.

Die Leidenschaft für Theater hat Veronika Zaripova jahrelang begleitet. Diesem Interesse hat sie im Rahmen ihrer Masterarbeit „Urbane Proberäume“, die sie 2021/22 an der TU Berlin unter der Betreuung von Prof. Jan Kampshoff eingereicht hat, architektonischen Ausdruck verliehen. Das ausgereifte Projekt eröffnete ihr nach Abschluss des Studiums zahlreiche Möglichkeiten: Im Sommer 2022 leitete sie auf Einladung von raumlaborberlin unter anderem einen Workshop auf der Manifesta 14 in Pristina.

#ToBeContinued präsentiert Abschlussprojekte, die eine Geschichte erzählen: Konzepte, die weiterentwickelt und umgesetzt wurden, und den Absolvent*innen einen erfolgreichen Berufseinstieg ermöglicht haben.

Ausgangspunkt: Die Leidenschaft für Theater

„Es war gleichzeitig Konsequenz und Ursache“ – erläutert Veronika Zaripova die Auswahl des Themas ihres Abschlussprojektes „Urbane Proberäume“. Mit der Theaterwelt ist sie schon lange vertraut: Vor dem Architekturstudium an der TU Berlin war sie zehn Jahre lang in einer freien Theatergruppe tätig und hat in der Zeit bereits mehrere Bühnen gebaut. Ihre Masterthesis nahm Veronika zum Anlass, eine introspektive Erkundung ihrer Interessen durchzuführen und in eine architektonische Sprache zu übersetzen. 

Bühnen als Katalysator für das öffentliche Leben

In der Masterarbeit näherte sich Veronika dem Untersuchungsgegenstand Theater aus künstlerischer und architektonischer Perspektive. Die sakralen und performativen Aspekte, die der Architektur und der Theaterkunst historisch zugrunde liegen und sie miteinander verbinden, galt es, zu identifizieren. Ergebnis dieser Recherche war der sogenannte typologische Transformationspool. Dafür untersuchte und klassifizierte Veronika Zaripova Bühnenelemente von der Antike bis zur Gegenwart, um sie anschließend kreativ miteinander zu kombinieren. Aus diesem typologischen Repertoire konnten neuartige, kontextbezogene Bühnentypologien entstehen. Sechs davon hat Veronika prototypisch weiter entworfen. 

Um die Transformation der vorgeschlagenen Typologien zu „urbanen Proberäumen“ zu ermöglichen, musste der Stadtraum zur Kulisse werden. Dafür suchte Veronika nach geeigneten Orten aus dem bekannten Stadt-Repertoire – eine Straße, ein Platz, eine Brücke, eine Station, eine Ruine und ein Park – und wurde im Berliner Stadtteil Kreuzberg fündig. Die multifunktionalen Bühnen agierten wie Interventionen urbaner Akupunktur auf neuralgische Stellen des städtischen Raums. Jeden Standort und Entwurf begleitete die Autorin des Projektes mit einer kurzen Geschichte in Form eines Drehbuchs. 

Eine Bühne wird erst durch die Darsteller*innen und das Publikum lebendig. Die Auseinandersetzung mit dem Thema erinnert an Richard Sennetts Untersuchung der Zusammenhänge zwischen den performativen Kunstformen und der Stadtgestaltung, die sich in dem Forschungszentrum Theatrum Mundi konkretisiert haben. In seinen Überlegungen werden die Zuschauer*innen zu aktiven Teilnehmer*innen und Mitgestalter*innen des urbanen Geschehens. Ähnlich sollten die im Masterprojekt für sechs Standorte entworfenen Bühnen die Grenze zwischen Zuschauer*innen und Darsteller*innen neu verhandeln. 

Abschluss. Und jetzt?

Dass ein Architekturprojekt nie abgeschlossen ist, hört man oft. Die Aussage trifft eindeutig auf „Urbane Proberäume“ zu. Veronika Zaripova führte ihre Erkenntnisse weiter. Ausschlaggebend für die Weiterentwicklung war unter anderem die stetige Unterstützung, die sie von ihrem Betreuer Prof. Jan Kampshoff erhielt. Diese bestärkte sie darin, auch nach dem Studium dem Thema treu zu bleiben und weitere Formate für die Anwendung ihrer Expertise zu suchen. 

Eingeladen von raumlaborberlin präsentierte Veronika im Sommer 2022 ihre Arbeit im Rahmen der Manifesta 14 in Pristina und beteiligte sich an der Organisation des Workshops [WORKING ON] COMMON GROUND. Der Austausch mit Studierenden und Lehrenden vor Ort wirkte bereichernd und überzeugte sie, ihr Wissen auch im Rahmen des Festivals reEDOcate me!, das im Herbst 2022 an der Floating in Berlin stattgefunden hat, zu teilen. Die Veranstaltung lief unter dem Begriff „postfossiler Themenpark“ und bot 20 Künstler*innen einzelne Bühnen für die performative Erkundung diverser Nachhaltigkeitsstrategien. Hierfür übernahm Veronika eine neue Rolle: Sie fungierte als Vermittlerin zwischen Publikum und Darsteller*innen. 

Auf der Suche nach weiteren Kulissen

Die Idee der performativen Stadtgestaltung möchte Veronika Zaripova in zahlreichen Formaten weiterführen. Kurzfristig wünscht sie sich, ihre theoretische Arbeit methodologisch weiterzudenken, zu dokumentieren und in urbanen Kontexten zu erproben. Langfristig ließe sich das Projekt in der Vorstellung der Absolventin in Form eines urbanen Festivals mit tem­porären Straßenszenen weiterentwickeln. Es bleibt spannend zu sehen, wie Veronikas Projekt „Urbane Proberäume“ durch performative Eingriffe fortlaufend neue Orte beeinflussen und aktivieren wird.

 

„Ich wünsche mir, dass “Urbane Proberäume” ein sich ständig weiterentwickelndes Projekt an der Schnittstelle von Experiment und Umdenken wird.“ Veronika Zaripova