Viva Viktoria! Entwürfe für die Nachnutzung des Viktoriabads

Studierende der Hochschule Düsseldorf entwarfen Konzepte für den Erhalt des Viktoriabads in Bonn. Die zusammenhängende Ausstellung „Viva Viktoria“ bildete die Grundlage für eine Diskussion über das Bauen im Bestand.

Eine rot-blaue, abstrahierten Geysirlandschaft leuchtet auf dreißig Metern Länge: Als solche entpuppt sich die denkmalgeschützte Fassade aus Kunstharzscheiben des Viktoriabads von Wilhelm Jungherz, einem Mitarbeiter im Büro des Nachkriegsarchitekten Gottfried Böhm. Sie schmückt das Gebäude in Bonn, das 1972 fertiggestellt und von Goswin Weltring entworfen wurde. Seit 2010 steht das ehemalige Schwimmbad leer und wartet auf eine Nachnutzung. Studierende der Peter Behrens School of Architecture, die an der Hochschule Düsseldorf angesiedelt ist, möchten ihm diese nun schenken: Unter der Leitung von Prof. Dennis Mueller und dem Architekturvermittler David Kasparek entwarfen sie im Wintersemester 2022/23 Konzepte für den Erhalt des besonderen Baus als Lern- und Wissenszentrum mit Ausstellungs- und Veranstaltungsräumen. Die Entwürfe knüpfen an die Wanderausstellung „Sorge um den Bestand“ des Bunds Deutscher Architektinnen und Architekten (BDA) an, dem das Schwimmbad im Sommer 2022 seine Räume zur Verfügung stellte. Die gleichnamige Publikation stellt zehn Strategien für einen behutsamen Umgang mit dem Bestand vor.  

Das Bestehende wertschätzen

Neben den ökologischen Vorteilen des Bauens im Bestand, beispielsweise dem Erhalt von „grauer Energie“, die bei Herstellung, Transport oder Entsorgung von Bauprodukten anfällt, dürfen laut Veröffentlichung des BDA auch die sozialen Beweggründe nicht vernachlässigt werden. Mit einem Abriss würden die gewachsenen sozialen Strukturen und die Erinnerungen, die Menschen mit einem Ort verbinden, verloren gehen. 

Die Studierenden bemühten sich deshalb, in ihren Entwürfen so viel originale Bausubstanz wie möglich zu bewahren. Sie wollten die Stärken und Potentiale des Viktoriabads erkennen und sichtbar machen: Seine zentrale Lage, die denkmalgeschützte Fassade und die Großzügigkeit der Haupthalle. Der schlecht ersichtlichen Eingangssituation hingegen begegneten die Studierenden in ihren Entwürfen mit einer neuen Adressbildung. Auch die Umgebung des Bads blieb nicht außen vor: Der Innenhof, der momentan als Parkplatz dient, verwandelte sich in einen belebten Stadtraum. Angrenzende Straßen wurden verkehrsberuhigt. Für das im Programm notwendige neue Flächen, wurden mit Neubauten im Innenhof oder Aufstockungen eingesetzt. Auch für die beiden Schwimmbecken fanden die Student*innen kreative Ideen. So wurden sie häufig zu offenen, vertikalen Erschließungsflächen umfunktioniert, die eine besondere räumlichen Qualität aufweisen.

Impulse für die Politik

Die Ergebnisse des Entwurfsstudios wurden im Co-Working Space „THE 9TH“ in Bonn präsentiert, das seinerseits eine Vergangenheit als Einrichtungs- und Autohaus vorzuweisen hat. Zur Eröffnung der Ausstellung „Viva Viktoria!“ am 11. Mai diskutierten unter Moderation von David Kasparek verschiedene Akteur*innen über das Bauen im Bestand am Beispiel des Viktoriabads: Yvonne Katzy (Leiterin des Bonner Stadtmuseums), Uta Winterhager (Journalistin), Ines Knye (Architektin), Gert Lorber (Vorsitzender des BDA Nordrhein-Westfalen), Rainer Grotegut (B90 / Die Grünen) und Prof. Dennis Mueller. Eine CO2-Bepreisung, ein Umdenken in der Planung oder finanzielle Anreize gehörten zu den unterbreiteten Vorschlägen. Besonders seitens der Architekt*innen wurde betont, dass der Erhalt von Gebäuden nicht nur ökologisch und sozial sinnvoll ist, sondern auch eine große gestalterische Chance darstellt.