Paradebeispiel für sortenreines Bauen: Studierende bauen Tiny House in Durlach

Wer nach einer Camping-Unterkunft mit Pfiff sucht, kann ab Herbst 2022 ein Tiny House im Karlsruher Stadtteil Durlach buchen. Unter der Projektleitung von Peter Hoffmann, wissenschaftlicher Mitarbeiter an dem Institut Entwerfen und Bautechnik des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) hat ein interdisziplinäres Team das kleine Haus aus Holz als DesignBuild-Projekt geplant und realisiert. Alles begann mit dem prämierten Stegreif-Entwurf der Studierenden Merve Şimşek und Mena Ghaly

Der Tiny-House-Trend ist längst kein Novum. Die Experimentierfreude mit den winzigen, aber anspruchsvollen Projekten ist jedoch weiterhin groß, insbesondere im universitären Umfeld. Die Größe und das Ausmaß der Aufgabe lassen sich in einem DesignBuild-Projekt gut abbilden. Dieser Herausforderung hat sich auch das Team der Professur Baukonstruktion an dem KIT unter der Leitung von Peter Hoffmann gestellt.

Vom Konzept bis zur Umsetzung

Der Auslöser war der wettbewerbliche Stegreif-Entwurf „ttt - tiny timber tourism“, der im Wintersemester 2019/20 am Institut Entwerfen und Bautechnik des KIT zusammen mit der Stadt Karlsruhe ausgelobt wurde. Das prämierte Projekt der Studierenden Merve Şimşek und Mena Ghaly wies das Potential auf, als Prototyp weiterentwickelt und umgesetzt zu werden.

Auch wenn es sich „nur“ um ein winziges Haus handelt, ist der Weg vom Konzept bis zur Umsetzung bekanntermaßen lang und verzweigt. Das DesignBuild-Projekt erstreckte sich über drei Semester. November 2020 bildete sich das Planungsteam aus vier Studierenden und Lehrenden der Professuren Baukonstruktion und Tragwerksplanung mit der didaktisch-begründeten Ambition, das Projekt mit eigenen Kräften umzusetzen. Im Mai 2021 war das Team bereits auf ca. 20 Studierende und Zimmerer gewachsen. Das eigene Projekt von der Idee bis zum Bau begleiten zu können, bietet wahrscheinlich das größte Erfolgserlebnis im Architekturstudium. Merve Şimşek und Mena Ghaly konnten ihr Konzept weiterentwickeln und die Planung durchführen. Zu ihrem Entwurfsansatz äußerten sie sich folgendermaßen: 

„Schon auf den ersten Blick fällt in der Silhouette des Hauses der markant 'angeschnittene' Giebel auf. Die besondere Firstsituation, die das Oberlicht aufnimmt, transportiert die Entwurfsidee der hohen, zenital belichteten Innenräume nach außen und macht neugierig, die spannungsvollen Räume zu erleben und Zeit im Haus zu verbringen.“

Ohne ein interdisziplinär aufgestelltes Team und Unterstützung von weiteren Akteur*innen wäre der Prototyp nicht zustande gekommen – das ist den Beteiligten bewusst. Laut dem Planungs-Team war unter anderem die Kooperation mit den Zimmerei-Meisterschüler*innen der Friedrich-Weinbrenner- Gewerbeschule Freiburg wegweisend. In dieser symbiotischen Beziehung konnten sich Studierende, Planende und Handwerker*innen in ihrer Arbeit ergänzen.

Klein und sortenrein

Der Anspruch auf sortenreines, sparsames Bauen stand von Anfang an im Vordergrund. Das ausgewählte Material war Holz. Tragwerk, Fassaden- und Dachbekleidung, Innenausbau — alles besteht aus Holz der Region. Besonders anschaulich ist die Außenhülle aus 40 cm langen Lärchenholzschindeln, die laut Angaben des Projektleiters Peter Hoffmann, die Lehrenden und ca. 15 Studierende innerhalb einer Woche selber montiert hatten. Die selbst geplanten Einbaumöbel wurden in der Holzwerkstatt der Fakultät gefertigt.

Das Haus sollte weitestgehend ohne Abfall errichtet und rückbaubar sein. Die Montage sowie gleichzeitig die Demontage der einzelnen Bauteile mussten berücksichtigt werden. Herkömmliche Verbindungen mit Kleber oder umweltunverträglichen Baustoffe galt es, zu vermeiden. Diesem Anspruch wurde Daniel Lauterkorn, Mitarbeiter der Professur Tragkonstruktion am KIT, in der Tragwerksplanung gerecht. Ein besonderes Augenmerk lag auf den Knotenpunkten des hölzernen Tragwerks, wodurch eine Reduzierung der Metallverbindungen erreicht wurde. 

Auf 25 Quadratmeter Grundfläche bietet das „Tiny-House-Durlach“ Platz für vier Personen und unendlich viele Möglichkeiten. Besonders hervorzuheben ist die vorgesehene gemischte Nutzung: Das kleine Haus mit Vorzeigecharakter steht zehn Monate im Jahr als touristische Unterkunft zur Verfügung. Acht Wochen während der Sommerzeit dient es aber als Zwischenstation für wohnungssuchende Studierende des KIT.