August / September 2010
msa | münster school of architecture
Vedaloci | Science Center in Tartu, Estland

msa | münster school of architecture
09.03.2010
Prof. Kirsten Schemel & Prof. Kazu Blumfeld
Bildungsbauten
ausführliche inhaltliche Recherche zum Themenbereich Wissenschaften, Geodäsie, Vermessung, Kartographie, Maßstäbe, UNESCO Weltkulturerbe Sturuvebogen, estnischer kultureller Hintergrund, Analyse des Ortes und des vorgefundenen Bestandes, Recherche und Aufenthalt vor Ort, Entwurf eines Nutzungskonzeptes, museales Konzept mit Raumprogramm und Choreographie, architektonisches Konzept (Formgebung, Materialien), landschaftliches Konzept/Freiraumplanung mit speziellem Bepflanzungskatalog... Computerprogramme: AutoCad, Rhino 3D, Adobe Photoshop, InDesign, Illustrator Modellbaumaterialien: Graupappe, Leinöl, Ölpastellkreide metallic, diverse (Natur-)Papiere und Pappen, Transparentpapier, Äste, feiner und flauschiger Wollfaden
In unserem Science Center Vedaloci soll der Besucher über die drei Welten MACRO-, MESO- und MICRO-Kosmos informiert werden. Dies geschieht über Ausstellungsbereiche und gebaute Erfahrungslandschaften, in denen der Besucher sich selbst im übergreifenden Weltgeschehen positionieren kann und soll. Ausgangsort hierfür ist der Bereich angrenzend an das alte Observatorium Tähetorn, in dem der Astronom F. G. Wilhelm von Struve im 19. Jahrhundert den Nullpunkt für die Vermessung des heute als Weltkulturerbe anerkannten Struvebogens gesetzt hat. Er vermaß die Erdoberfläche entlang eines Meridians mit Hilfe der Technik der Triangulation und leistete dadurch einen wichtigen Beitrag zur Konkretisierung der geodätischen Wissenschaft.
Das Thema Architektur des Vermessens soll sich in einem architektonischen Eingriff manifestieren, durch den gebauter und landschaftlicher Raum messbar gemacht wird, d.h. dass sich die entstehende Architektur an ihrem Platz auf der Erde/im Universum fest verortet und dadurch dem Menschen die Möglichkeit gibt sich zu seinem Umraum ins Verhältnis zu setzen. Durch unseren räumlichen Eingriff richten wir die Wahrnehmung der Besucher auf bestimmte (kosmische) Ereignisse, bzw. schaffen architektonische und landschaftliche Räume, die phänomenologisch aufgeladen werden.
Das Ereignisfeld MESO zeigt die gebauten Kubaturen der realen Bogensekunden auf unserem Grundstück und setzt es so ins Verhältnis zur Erdkugel. Jeder Abschnitt des Rasters wird nun als Teil eines Längen- oder Breitengrades wahrgenommen. Man könnte sagen, dass Johannesburg, Südafrika in südlicher Richtung entlang des Meridians etwa 300.000 Blöcke entfernt ist.
Die Erlebnislandschaft MACRO bietet dem Besucher die Gelegenheit, bewusst an kosmischen Ereignissen teilzuhaben. Besucht man z.B. am Mittsommertag, zur Tag- und Nacht-Gleiche oder am Tag der Wintersonnenwende das Science Center, so findet man bestimmte Orte in der Museumslandschaft vor, aus deren Perspektive man den Tagesverlauf der Sonne vom Aufgang bis zum Untergang genau entlang der Wölbung des Daches verfolgen kann. Unser Erlebnisfeld MACRO macht den Menschen bewusst, dass sie nicht nur Erdbewohner sind, sondern ihre erste Adresse unser Sonnensystem in der Milchstraße ist. Aus den Azimut- und Elevationswinkeln der Sonnenstände an den besagten Tagen wurden 3D-Kubaturen entwickelt, die die Basis für die Entwicklung der artifiziellen Dachlandschaft über unseren Ausstellungsbereichen bilden.
Unter dem Dach der Erlebnislandschaft MICRO soll ein einfaches Experiment zu sehen sein: durch feine Metallgitter, so genannte Spektralgitter, die innerhalb der Dachstruktur installiert sind und Licht in seine spektralen Wellenbereiche zerlegen können, erscheint an sonnigen Tagen der gesamte Kuppelraum in den Farben eines Regenbogens. Das zeigt dem Besucher, dass alles, was wir kennen und woraus auch wir selber bestehen, unmittelbar auf Kräften basiert, die im Mikrokosmos vorherrschen.