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2, 2009

msa | münster school of architecture

TWEENING - an der Schnittstelle von Architektur + Landschaft

von Jana Schwanewilm

Hochschule:

msa | münster school of architecture

Präsentation:

10.09.1008

Lehrstuhl:

Prof. Schemel / Prof. Schanné

Rubrik:

Experimentelle Entwürfe

Software:

Umfassende Analyse des Ortes und der Typologien der Nutzung, Erarbeitung eines eigenen Werkzeuges für die Architektur in der Natur, Allplan, Cinema 4D, Adobe CS3

THEMATIK
Die exemplarische Auseinandersetzung mit Architektur in der Landschaft / Architektur als Landschaft anhand der programmatischen Intervention eines Sportcampus auf dem Montjüic in Barcelona ist das selbst gestellte Thema meiner Abschlussarbeit.
Es soll hierbei der Versuch unternommen werden, Strategien und Genetische Codes für das Programm und die Architektur zu definieren, die das dynamische Moment des Sports und das permanent prozesshafte der Landschaft als eigenständig formende Determinante berücksichtigen und Räume zu entwickeln, die eine spezifische Erfahrbarkeit von Landschaft und Architektur ermöglichen.
Es soll ein auf einen Punkt konzentrierter Sportcampus entstehen. Das Raumprogramm hierfür umfasst auch landschaftliche Aspekte, wie Laufstrecken und viele Sporteinrichtungen im Freien. Der Dialog zwischen Urbanität und Parklandschaft, zwischen Architektur und Landschaft sowie zwischen innen und Außen steht an diesem Ort im Vordergrund.

THEMA
„Tweening“, aus dem englischen: in between [zwischen, dazwischen] versteht man eine Animationstechnik, bei der Einzelbilder zwischen Bildern einer Animation erzeugt werden, um die Illusion einer kontinuierlichen Bewegung zu erzeugen.

Das Tweening führe ich zunächst im Gesamtgebiet des Montjüic durch um die Extrempunkte zu analysieren und generelle Gesetzmäßigkeiten entwickeln zu können.
Diese Übersetzung eines Werkzeuges aus der Animation hinein in die Architektur und die Landschaft soll neue Herangehensweisen ermöglichen.
Das Raster der „Manzanas“, als „Stadt“ und Startpunkt, die Höhenlinien des Berges Montjüic als Endpunkt. Es entsteht eine Überlagerung, welche die Statik der Stadt aufbricht und die dynamische Struktur des Berges einfließen lässt. Diese „Interpolation“ zwischen Stadt und Natur führt zu einem Inbetween bei dem sowohl die Attribute der Stadt als auch die des Berges zum tragen kommen und sich mit einander verbinden.

Beim Tweening am konkreten Ort entwickle ich aus den vorhandenen Linen (dem rechtwinklige Stadtraster und den amorphen Höhenlinien) einer gefalteten/ kantigen Linie als Grafikelement.
Die Anzahl der nötigen Inbetweens festzulegen, war der nächste wichtige Schritt zum kontinuierlichen Übergang von Stadt zu Berg. Für das optimale „Spacing“ habe ich drei Schritte zwischen den Extrempunkten festgelegt.
In between 1 hat den Bezugspunkt Stadt; im Schnitt betrachtet wird sich hier ein Volumen aus der Hanglinie hinaus ins Sichtbare + heben und eine Verbindung zur Höhe der Stadt aufbauen.
In between 2 spielt mit der Hanglinie, ist sowohl ober- als auch unterirdisch, der Vermittler.
In between 3 ist hauptsächlich unterirdisch und verbindet sich mit der Natur.

DIE TWEENING-SCHRITTE
Im ersten Tweening-Schritt, dem Bereich des Universitätscampus, verschiebt sich das Raster der Stadt heraus aus dem rechten Winkel. Die Architektur reagiert im heutigen Schnittpunkt zwischen Stadt und Berg, und bildet diesen neu ab. Im Universitätsgebäude im Bereich der Institute entsteht durch den enormen und steilen Höhenversprung an dieser Stelle eine Kletterwand als innere Fassade und Schnittestelle von Stadt zu Berg. Im zweiten Gebäude steigt das Gelände flacher an, so entsteht hier eine Terrassenstruktur, die den Übergang kennzeichnet. Im Tweeningschritt 1 sind einerseits Höhe und Größe als Attribute der Stadt vorhanden, andererseits auch schon Elemente des Berges ablesbar.

Der zweite Tweeningschritt vermittelt zwischen Stadt und Berg, die Gebäude nehmen einerseits die Bodenkante auf, andererseits überbrücken sie Höhenunterschiede.
So entsteht hier eine Schichtung verschiedener Funktionen, welche die Schnittestelle von Gebäude und Landschaft in dieser Dimension beleuchtet.
Inhaltlich befinden sich hier: ein Café mit einem terrassierten Vorplatz, der Hörsaals, die Mensa mit großer Terrasse, Tribüne und Serviceeinrichtungen zum Sportplatz.

Der dritte Tweenbereich beinhaltet den Sportcampus. Der „landschaftsnächste“ Schritt formuliert sich nur als Dachfläche visuell sichtbar, wenn man das Gelände von oben erschließt. Lediglich der Eingang zu den Sporträumen ist aus der „0-Ebene“ herausgehoben. Das Gebäude passt sich horizontal und vertikal an das Gelände an, durch das „Auffalten/ Aufschneiden“ entstehen Räume verschiedener Größen und Höhen, die für die dort geplanten Sportarten geeignet sind.

ENGE UND WEITE
Das Tweening innerhalb meines Sportparks zeigt einen kontinuierlichen Übergang von Stadt zu Berg auf. Die Stadtachsen werden aufgenommen und führen auf drei verschiedene Arten den Berg hinauf, durch eine Treppe, eine Rolltreppe und eine Rampe in die Landschaft entstehen neue Wege und Blickachsen.
Der Übergang von Stadt zu Berg bedeutet in meinem Projekt eine stete Aufweitung, aus den engen Gassen des Stadtviertels Poble Sec durch den Sportpark hindurch in die Natur.

SPORTNETZ
Das Wegenetz des Campus ist das abstrahierte Straßennetz der Stadt, welches verschiedene Funktionen beinhaltet.
Alle Laufstreckenrouten, die für das übergeordnete Gebiet des Montjüic geplant sind, bündeln sich im Sportcampus. Sie haben hier sowohl Start als auch Ziel, einen Platz, der zum neuen Treffpunkt für Sportler des Montjüic werden soll. Die gesamte Laufstrecke beinhaltet entlang der Routen Wasserspender und Serviceeinheiten wie Dusche, Umkleide und WC-Anlagen.
Der „Verbinder“ schafft verschiedenartige Tribünen für die einzelnen Sportfelder, Erschließungswege ebenerdig, über Rampen oder Treppen und schafft wichtige Kommunikations- und Ausblickspunkte.

MATERIALITÄT
Netzförmige Materialien, die beim Sport eingesetzt werden, sollen in meinem Sportpark verschiedene Aufgaben übernehmen.
An den Sportplätzen benötigt man Schutznetze, die ich in Form von schräg gespannten Netzen zur Sicherung und Schutz vor Ballverlust einsetzen werde. Gleichzeitig können diese als Liegeflächen genutzt werden.
Eine Netzstrukturfassade bildet zusammen mit einer um 1m zurückspringenden Glasfassade die Hülle für die Universitätsgebäude. Im Verlauf mit der Höhe weitet sich diese Struktur und verschiebt sich von quadratischen zu rautenförmigen Öffnungen, von kleinen Öffnungen bis hin zur Netzstruktur. So ist keine Geschossigkeit mehr ablesbar und die Gebäude verlieren gegenüber der Stadt ihre Massivität.
Im Bereich der Mensa ist vor der Glasfassade eine Netzschicht aus Kunststofffäden sowie integrierten Stützelementen geplant. Diese bietet Sonnenschutz und schützt die Glasfassade vor fliegenden Sportbällen der nahen Sportfelder, dennoch ermöglicht sie freien Ein- und Ausblick.
Beim dritten Tweeningschritt, dem Sportbereich, ist die „Schicht“ zwischen innen und Außen minimal gestaltet und bietet dennoch Sonnenschutz. Hier verschmilzt die Glassfassade mit dem Netz und wird zu einer Schicht. Ein Glas mit grüner Kunststoffnetz-Einlage entwickelt ein reizvolles Formenspiel, je nach Blickwinkel und Lichteinfall. Durch das Aufstellen der Glaselemente überlagern sich die Netze und lassen verschiedene Dichten entstehen.

Ein eigenes und neues Werkzeug im Umgang mit Architektur und Landschaft zu entwickeln und sich so auf eine andere Art dem Entwurf zu nähern war die Herausforderung dieser Arbeit.