Platz 3
Nächstes Projekt 10/14  

Januar / Februar 2014

Universität Stuttgart

Tieto - Kehto

Eine Bibliothek für Helsinki

von Johanna Zinnecker

Hochschule:

Universität Stuttgart

Abschluss:

Diplom

Präsentation:

2012-04-25

Lehrstuhl:

IRGE | Professor Markus Allmann

Rubrik:

Kulturbauten

Software:

Vectorworks, Rhino, C4d, Adobe CS5

Der Typus der Bibliothek hat sich im Laufe der Zeit stark verändert: sie entwickelte sich vom reinen Wissens- bzw. Schriftspeicher zu einem Zentrum der Wissens- und Informationsvermittlung. Neue Anforderungen und Zielsetzungen haben dabei neue Konzeptionen und Technologien zum Einsatz gebracht. Dabei müssen Bibliotheken sich nicht nur mit der Welt verändern, sondern haben ihrerseits die Möglichkeit, die Welt zu verändern.

Das 4500qm große Wettbewerbsgrundstück liegt mitten in Helsinkis Zentrum, nahe der Töölöbucht und dem Hauptbahnhof, an der Schnittstelle zwischen dichter urban geprägter Umgebung (Finlandiahalle, Parlament, Kiasmamuseum) und einer naturbelassenen Meeresbucht. Das unmittelbare Zusammentreffen von dichter Urbanität und unbesiedelter Landschaft ist typisch für Finnland. Durch das Hochklappen der beiden Enden des Riegels werden diese beiden gegensätzlichen Pole miteinander verbunden. Auf der zur Innenstadt gewandten Seite wird die Stadt über den Eingang in das Gebäude eingeladen. Das Wasserbecken unter dem nördlichen Flügel bildet die Verbindung zur Natur.

Die im Baukörper angedeutete Form einer „Balkenwaage“ soll auf die gleichwertige und ausgewogene Gewichtung von verschiedenen Aspekten und Zielsetzungen im Bibliotheksprojekt anspielen, die zueinander teilweise bipolar entgegen stehen:

Aufbewahren – Weitergeben
Wissensaufnahme – Wissensanwendung
klassische Medien – moderne Medien
Ruhe – Bewegung
Konsumieren – Kreieren
Konzentration – Interaktion
Stille – Kommunikation
Rückzugsinsel – Begegnungsstätte
Arbeit – Entspannung

Die Wippe strebt im Gegensatz zur Waage trotz des identischen Mechanismus keine Ausgewogenheit an, sondern ein stetiges Auf und Ab. Gleichstand bedeutet Stillstand. Nur den Ist-zustand des Wissens zu bewahren und zu dokumentieren, kann aber nicht das Ziel einer modernen Bibliothek sein. Sie muss vielmehr durch Auswahl, Einsatz, Weitergabe und Vernetzung der Informationen als kreativer Motor für Neues fungieren. Die im Inneren des Gebäudes von Ebene zu Ebene verlaufenden Rampen sollen dieses Wippen-prinzip aufgreifen. Sie verbinden die unterschiedlichen Räume, ermöglichen die Kommunikation zwischen verschiedenen Bereichen und regen deren Inter- und Kooperation an.

Der Aufbau des Gebäudes besteht aus einer Schichtung von Ebenen. Die Westfassade (#1) bildet dabei die erste Ebene und fungiert als Schaufenster zum Park. Als zweites folgt der Bewegungs- und Begegnungsort (#2), in Form von Rampen, die kontinuierlich nach oben führen. Sie dienen nicht nur der Erschließung sondern auch als Ort der Kommunikation. Um die Räume der Bibliothek (#4) so großzügig und transparent wie möglich zu gestalten, ist in der Tragwerkschicht (#3) neben ihrer statischen eine zusätzliche Funktion angefügt: Die notwendigen Regale und Magazine für die Bibliotheksmedien und andere Aufbewahrungsobjekte wie Konsum- und Dekorationsartikel im Gastronomiebereich werden zwischen die Fachwerkstreben eingebaut. Diese Integration in die schon vorhandene Tragwerksschicht spart zusätzliche Einbauten und erweitert den Raum. So wird die Stütze des Bibliotheksbauwerks, das Tragwerk, symbolträchtig auch zur Stütze des Bibliotheksinhalts (Wissens).