November / Dezember 2014
Bauhaus-Universität Weimar
St. Peter und Paul
Schwalbenschwanz - Ein Dialog zwischen Alt und Neu

Bauhaus-Universität Weimar
Bachelor
23.07.2014
Entwerfen und Gebäudelehre / Prof. Karl-Heinz Schmitz
Kulturbauten
ArchiCad
Die evangelische Pfarrkirche St. Peter und Paul wurde in den Jahren von 1420 - 1493 errichtet und bereits nach drei Dekaden umgebaut. Lange versuchte man den Verfall des Kirchenschiffes zu stoppen, bis das Dach Mitte der 80er Jahre endgültig beseitigt wurde. Seitdem steht die Kirchruine wie ein Mahnmal für Vergänglichkeit im Ortskern Nottlebens – bis jetzt.
Städtebau
Das 440 Seelendorf erhält ihre Kirche zurück und der Kirchraum sein schützendes Dach. Das neue Dach formt das Alte in Dimensionierung und Materialität nach. Das fragile Ortsbild wird nach 30 Jahren wieder komplettiert und geschützt. Zusammen mit dem Friedhof stellt die Dorfkirche einen wichtigen Gegenpol zum weltlichen Karl-Marx-Platz dar. Der Dorfplatz an der Lange Straße ist bereits seid Jahrhunderten der Ort der Zusammenkunft, während sich der Friedhof als Platz der Besinnung auszeichnet. Der Neubau reagiert mit zwei großformatigen Eingängen auf die bereits bestehenden Zugänge und bildet zwei gleichberechtige Eingänge aus, die sowohl die Nord- als auch die Südseite des Dorfes bedienen. Das Neue ist lediglich in der neuen Ausformulierung der Portale von Außen erkennbar. Sie geben einen Hinweis auf das Innere und machen neugierig.
Konzept
Aus dem Raumprogramm heraus entwickelt birgt das Kirchenschiff zwei Hüllen. Während die eine Hülle den Anforderungen eines Gemeindehauses gerecht wird, formt die zweite Hülle einen großzügigen und klaren Kirchensaal aus. Eine Verbindung der Hüllen in Form eines Schwalbenschwanzes macht das Unmögliche möglich und erzeugt eine Wechselwirkung zwischen Weltlichem und Sakralem. Die Schnittstelle beider Hüllen bilden Winterkirche und Chorempore, die beide sowohl einen funktionalen als auch klerikalen Gedanken innehalten. Das Neue rahmt in einer klaren Form das Alte ein, stützt und schützt es. Der Bestand bestimmt das Neue, das Neue reagiert. So reagiert auch der Grundriss in Form von Nischen auf Rücksprünge im Bestand. Die Hüllen bilden nicht nur neue Räume aus, sondern auch Schutz und Geborgenheit. Wie bei einer Matroschka wird eine Zweischichtigkeit erzeugt, die das Innere vor allen äußeren Einwirkungen schützt. Das Mahnmal der Vergänglichkeit wird durch Beständigkeit ersetzt.
Friedhofgestaltung
Ziel ist es einen in sich bezogenen und geschützten Ort zu schaffen, der Refugium und ein sich immer wieder selbst erneuerbarer Lebensraums ist. Der Friedhof verlangte nicht nur städtebaulich, sondern auch witterungsbedingt einen Schutzschirm in Form einer starken Landschaftsgestaltung. Die Lösung erfolgt durch zwei aufeinander bauende Raster, die die Lage von Rasengräbern und Bäumen bestimmen. Das Grabraster ermöglicht in der Platzwahl der Ruhestätte eine gewisse Flexibilität, während die Bäume einem strengen Raster folgen müssen. Ist ein Baum für eine Stelle vorgesehen, an der sich noch ein Grab befindet, wird der Baum erst nach Auslauf des Grabes gepflanzt. Es ist ein wachsender, behutsamer Prozess.