Platz 2 Jurypreis
Nächstes Projekt 02/20  

Juli / August 2015

Technische Universität Wien

Sonderpreis 2015: Healthcare-Centre Mondikolok

Realisierter Bau im Südsudan

von David Kraler, Christoph Lachberger

Hochschule:

Technische Universität Wien

Abschluss:

Master

Präsentation:

23.06.2015

Lehrstuhl:

Peter Fattinger

Rubrik:

Gesundheitsbauten

Software:

Archicad

„Waste?...Rubbish?...Trash?...Garbage?“ Wir sitzen mit unserem neuen Freund Kajowuya zwischen ein paar tukuls (trad. Lehmhütten) und fragen, wie er seinen Müll üblicherweise beseitigt. Wir scheitern.

Nicht an seinem Englisch, sondern daran, dass er Müll nicht kennt. Erdnussschalen, Essensreste, gelegentlich ein bisschen Holz oder Stroh: Was anfällt wird fallen gelassen und in die Felder gekehrt. Lange Zeit hat diese Strategie funktioniert, doch mittlerweile gibt es auch hier Plastikflaschen, Batterien und Handys. So liegt der Müll zwar in den Feldern und auf den Straßen, doch weder in der Denkweise, noch in der Sprache der Kuku-People ist er angekommen. Immer wieder machen uns derartige Kleinigkeiten bewusst, wie fern uns Europäern Kultur, Denk- und Bauweise der Kuku sind. Doch gerade deshalb sitzen wir bei Kajowuya und führen mit ihm das erste Interview unserer Feldforschung.

In Gesprächen erlangen wir langsam Einblick in Bauweise, Lebensweise und Wünsche der Kuku – zum Beispiel den Traum des permanent house, das im Gegensatz zu den traditionellen tukuls als termitenresistent gilt. Nachteile werden jedoch außer Acht gelassen: Das „moderne“ Mehrraum-Haus ist mit dem Alltag unter freiem Himmel nur schwer vereinbar, permanente Materialien vertragen sich kaum mit den klimatischen Bedingungen und sind so teuer, dass sie viele Kleinbauern in den finanziellen Ruin treiben. Von den ökologischen Nachteilen ganz zu schweigen.

Doch können wir es besser machen? Ein Bau, der sich in die Lebensweise und das diffuse Wegenetz der Siedlungsstruktur einfügt, durch den Einsatz lokaler Materialien ein angenehmes Innenraumklima bietet und trotzdem vor Termiten geschützt ist?

Auf Basis der vorangegangenen APD-Studie erarbeiten wir Entwurf und Bausystem zugleich: Die Entkopplung der Dachkonstruktion vom Lehmbau bringt klimatische Vorteile und stellt den ersten Schritt eines konstruktiven Termitenschutzes dar, durch die Bündelung mehrerer Stützen zu einem Fußpunkt werden potentielle Angriffspunkte minimiert und Termite Shields bilden eine Barriere für die flugunfähigen Insekten.

Bereits im Entwurf stellen sich die Möglichkeit, vor Ort Prototypen zu erstellen, die enge Zusammenarbeit mit lokalen Werkstätten und die eigenhändige Mitarbeit am Bau als Vorteile heraus: Beim Bau eines  prototypischen Fachwerkträgers und der Entwicklung einer Lehm-Stahl-Verbunddecke im 1:1-Versuch kann auf die Gegebenheiten vor Ort eingegangen werden, Details werden vor Ort entwickelt und lokale Techniken erweisen sich als Bereicherung des Projekts. So stellt sich  im Bereich des Lehmbaus das erstaunliche Wissen der ruralen Bevölkerung im Umgang mit lokal vorkommenden Materialien als großes Potential heraus und es kann auf vorhandene Bautechniken aufgebaut werden. Es entsteht ein Wissens- und Technologietransfer in beide Richtungen, bei dem wir nicht nur lokale Bautechniken einsetzen und verbessern, sondern vor allem auch selbst viel von unseren afrikanischen Arbeitern dazulernen.