3, 2008
HafenCity Universität Hamburg
roadtrip E35 - von amsterdam nach rom und zurück

HafenCity Universität Hamburg
18-06-2008
Prof. Klaus Sill, Dipl.-Des Lola Güldenberg
Experimentelle Entwürfe
Reise von Amsterdam nach Rom und zurück vom 3.10.2007-11.10.2007(Experiment E35), Dokumentation der Reise, Wahrnehmungsanalysen, Zukunft- und Tourismusrecherchen, Modelle (1:1, 1:20, 1:100), Film, Beat. Computereinsatz: Illustrator, InDesign, Photoshop, AutoCad, ArchiCad, Vektorworks, Cinema 4d, Vray, GoogleEarth, PremierePro.
.Der Reiz
In Anbetracht der existierenden Klimakatastrophe erscheint es im ersten Moment fragwürdig, warum man sich für ein Thema entscheidet, dass das Autofahren als positives Erlebnis in den Vordergrund stellt.
An einem Tag bewegt sich ein durchschnittlicher Europäer 36 km davon legt er 27 km mit dem Auto zurück. Jeder Haushalt in Europa besitzt durchschnittlich mehr als ein Auto. Das Auto wird immer das primäre Verkehrsmittel bleiben und ist fester Bestandteil des Alltags. Heutzutage ist die schnellste und günstigste Möglichkeit von A nach B zu kommen das Flugzeug. Was beim Fliegen jedoch verloren geht ist den meisten Reisenden nicht bewusst: Das Erlebnis der Reise an sich.
Mit dem Autofahren heißt für uns: Ein bewusstes Wahrnehmen der Strecke die man zurücklegt, ein bewusst machen der Dimension des Raums den man durchfährt, ein bewusst machen der sich stetig verändernden Umgebungssituation. mit dem Auto fahren heißt auch selbst bestimmt zu agieren, Zeitpunkt, Tempo und Dauer der Reise frei wählen zu können. Die Freiheit die das Reisen mit dem Auto verspricht ist für uns der Anreiz sich mit dieser Thematik aus der Perspektive
eines Architekten auseinander zu setzen.
.Experiment E 35
Das Experiment35 starteten wir am 03.10.2007 mit einem Nissan Micra (Baujahr 2002) in Amsterdam. Die gesetzte Zeit für Hin- und Rückweg betrug 8 Tage. Während des Trips führten wir unabhängig voneinander jeweils ein Logbuch. Bei jedem Stop trugen wir die Wahrnehmung des zurückgelegten Abschnitts sowie unseren -Gemütszustand- ein.
.Konzept
Wir haben einen Roadtrip E35 entworfen. Dieser Roadtrip E35 wird von dem so genannten „Roadtripler“ gebucht. Analog zu z.B. einer Segelreise, bei der der Törn (hier: der Trip) darin besteht, in einem Gefährt (Schiff, hier: Auto) eine bestimmte Strecke von Hafen zu Hafen abzufahren. Diesem Roadtripler unterstellen wir ein bestimmtes Kundenprofil. Der Roadtrip E35, den er buchen kann, setzt sich aus verschiedenen Elementen/Strategien zusammen: Der Base, den Tools, der Road und der Rast.
Die Base ist die Basis, sie ist eine Packliste für den Roadtripler, bezüglich der notwendigen
Grundausstattung für den Roadtrip E35. Die Packliste umfasst folgende Themenbereiche: Auto, Sack&Pack und Kleidung. Wir gehen davon aus, dass dem Roadtripler ein eigener Pkw zu Verfügung steht. Für diesen wurde ein „Plug & Play-She“ entworfen.
Die Tools sind unsere Geschenke, unsere Gifts, an den Roadtripler. Sie sind das von uns bereitgestellte Handwerkszeug: Cityguides zu Amsterdam, Köln, Heidelberg, Basel, Mailand, Florenz, Rom, ein Tourbuch, ein Stempel mit persönlicher Codierung und ein Rastgym-flyer.
Die beiden Elemente Road und Rast passieren während des Roadtrips E35. Road ist ein Bewusstmachen, ein Wahrnehmungserlebnis. Sie beschäftigt sich mit Be- und Entschleunigung und setzt sich mit der Wahrnehmung der Umwelt aus einem Auto auseinander. Ihr Gebiet ist der gebaute Straßenraum der E35. Ihre Umsetzung ist der „Beat“.
Rast besteht aus Plug&Play-She“, „Rast-She“ (Stempling+Rastgym) und „Stadt-she“. She ist das Synonym für unsere Architektur, die die Aufgabe hat, die Bedürfnisse des Roadtriplers zu stillen.
„She schluckt mich, verdaut mich und spuckt mich wieder aus“.
Das Zusammenspiel von Road und Rast, unter zur Hilfenahme der Tools, ist das Erlebnis Roadtrip E35.
.Base
.Sack&Pack-Liste
Es gibt zwei Modi in denen man während des Roadrips E35 unterschiedliche Utensilien braucht. Der eine ist der Fahrtmodus. Getränke, Kleinigkeiten zu essen, die Videokamera, Cityguides und Straßenkarten, sowie Geld usw. braucht man währenddessen unbedingt. Man soll diese Sachen ohne großen Aufwand und Beeinträchtigung der Konzentration auf den Verkehr erreichen können. Beim Rastmodus ist es wichtig dass man schnell an die dafür vorgesehenen Utensilien kommt. Die Zonierung zeigt dir, an welchen Stellen im Auto, diese dafür richtig verstaut werden.
.Tools
.Cityguide
Der Cityguide ist eine Strategie des Elements Tools. Zu jeder der sieben Städte, Amsterdam, Köln, Heidelberg, Basel, Mailand, Florenz und Rom bekommt der Roadtripler einen, auf sein Profil zugeschnittenen, Cityguide. Dieser enthält Informationen zu dem jeweiligem Stadt-She, die wichtigsten Fakten zu der jeweiligen Stadt, sowie einen Stadtplan. Desweiteren bietet der Cityguide interessante Tipps zu den Themen: Everyonesee (übliche touristische Highlights), Mustsee (ungewöhnliche Orte in der Stadt), Architektur, Ausstellungen, Grünräumen, Bars und Shops.
.GPS E35
Das GPS E35-System hat drei Funktionen. Die erste ist, den Roadtripler mit auf ihn bzw. seinem Profil zurechtgeschnittenen Informationen über die Eigenheiten der Länder und Regionen entlang der E35 zu informieren. Dadurch wird ihm die Möglichkeit geboten zwischen der Umgebung mit direktem Straßenraumbezug und dem eigentlichen Charakter des von ihm durchfahrenen Ortes zu unterscheiden. Die Transferierung und Wiedergabe des Beats E35 ist die zweite Funktion. Die dritte ist, auf die Position der anderen Roadtripler aufmerksam zu machen.
.Road
.Wenn ich fahre…
Die Auffassungsgabe der räumlichen Wahrnehmung aus der Perspektive eines Autofahrers während der Fahrt ist stark begrenzt. Die Konzentrationsfähigkeit lässt es kaum zu, sich den Umfang und die Vielfalt von Eindrücken und Informationen einzuprägen bzw. diese wahrzunehmen. Die Konzentrationsfähigkeit ist stark abhängig von dem Verkehrsaufkommen und der Geschwindigkeit. Dies hat zur Folge, dass man bei alltäglichen Autofahrten kaum eine Chance hat, die Umgebung wahrzunehmen. Die Autofahrt dient dazu, zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort zu sein. Betrachtet man das Autofahren jedoch nicht als „Mittel zum Zweck“, sondern als „Reise an sich“, bieten sich einem verschiedene Möglichkeiten der Wahrnehmung. Ohne Zeitdruck hat der Autofahrer die Chance, sich seiner Umgebung bewusst zu werden. Doch auch eine bewusste Reise auf der Autobahn besteht aus immer wiederkehrenden und ähnlichen Situationen und Elementen wie z.B. Feldern, Industriegebieten, Schallschutzmauern, Tunneln, Bergen und Brücken. Diese Abfolge wirkt schnell monoton. Die Umgebung verliert ihren Reiz, die Aufmerksamkeit sinkt. Ohne Information ist ein Berg nur wieder ein Berg und nicht z.B. der höchste Berg der Schweiz und ein Tunnel nur dunkel und lang, ohne Bezug zum Außenraum. Durch Informationen kann man auf die Möglichkeiten des Wahrnehmens bewusst aufmerksam machen. Durch gezielt gesetzte Reize wird Monotonie unterbrochen. Das sind zwei der vier Strategin, die wir in unserer Diplomarbeit einsetzten, um das Reisen mit dem Auto zum Erlebnis zu machen.
.Beat E35
Der Beat soll den Rhythmus der sich immer ändernden Umgebung transportieren. Entlang der E35 passiert man unterschiedliche Strukturen. Man sieht Berge auf sich zu kommen und fährt entlang scheinbar flimmernder Baumreihen. Die unterschiedlichen Situationen haben ganz eigene Geschwindigkeiten, auf die aufmerksam gemacht werden soll. Musik werden die unterschiedlichsten emotionalen und psychologischen Wirkungen zugeschrieben. Durch ihr Spiel mit unterschiedlichen Tempi werden Atmosphären kreiert. Diesen Effekt nutzt der Beat und transportiert die jeweilige Geschwindigkeit des Ortes. Der Roadtripler nimmt Be- und Entschleunigung im Kontext der Umgebung bewusst wahr.
.Rast
.Plug&Play-She
Plug&Play-She ist der Rucksack für das Auto des Roadtriplers. Analog zur Verwendung von elektronischen Plug&Play-Geräten ist es sofort voll funktionsfähig und bedarf keiner speziellen Umbauten am Auto. Diesem Prinzip folgend, hinterlässt es nach dem Entfernen (Ende Roadtrip) keine Spuren. Plug&Play-She bietet Schlafraum für zwei Personen.
.Stempling
Stempling ist die 1. Strategie in dem Element „Rast-She“. Jeder Roadtripler bekommt beim Start des Roadtrips, zu den restlichen Tools, einen Stempel. Dieser ist mit seiner persönlichen Roadtripler-Nummer codiert. Durch die Aktion „Stempling“ wird der Roadtripler dazu gebracht Spuren zu hinterlassen und Spuren der anderen Roadtripler zu suchen. Mit dem Stempel kann er seine passierten Orte markieren. Der Roadtripler, der eine Kennzeichnung entdeckt, macht davon ein Foto und stellt es online auf die Hompage www.roadtripE35.de. über einen link zu Google-Earth werden die Fotos verortet. Dadurch wird die Strecke der E35 virtuell bespielt. Im virtuellen Raum entsteht eine wachsende Struktur, die interaktiv auf die Bewegung der Roadtripler entlang der E35 reagiert.
.Rastgym
Rastgym ist die 2. Strategie in dem Element Rast-She. um das Erlebnis Road hundertprozentig wahrnehmen zu können, sollte man versuchen durchgehend fit zu bleiben. Langes Autofahren, in gleich bleibender Position, kann zu Verspannungen führen. Rastgym beinhaltet acht Vorschläge, die wahlweise Rücken, Beine oder Arme wieder fit machen, sowie Action-Übungen für den Kreislauf.
.Stadt-She
Stadt-she ist eine Strategie unseres Elemtes Rast. In jeder der sieben Städte gibt es ein Stadt-She.
Es ist der Durchgangsraum/die Schnittstelle zwischen Road und Stadt und gleichzeitig Plattform für die Roadtripler-Community. Stadt-She agiert mit und reagiert auf Plug&Play-She. Es ist die Basis/Ladestation für Plug&Play-She. Der Aufbau und die Organisation eines Stadt-She`’s sind in einem Rezept geregelt, welches auf jede Stadt anwendbar ist und die notwendige Anleitung bezüglich Standortwahl und innere Struktur enthält. Ein Stadt-She kann von zehn Autos gleichzeitig angefahren werden. Der Aufenthalt in einem Stadt-She ist auf maximal drei Tage beschränkt und dient der Basisversorgung der Roadtripler. Über den jeweiligen Belegungsgrad informiert das GPS E35.