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Juli / August 2013

Beuth Hochschule für Technik

Restitution der Berliner Kernstadt

mit exemplarischen Bebauungsvorschlag

von Jonathan Krug, Marvin Stegemann

Hochschule:

Beuth Hochschule für Technik

Abschluss:

Master

Präsentation:

2013-05-24

Lehrstuhl:

Architektur, Prof. Wolfgang Schäche, Prof. Petra Kahlfeldt

Rubrik:

Städtebau

Software:

Archicad, Artlantis, Sketchup, Adobe Creative Suite

Thema dieser Masterthesis ist die städtebauliche Restitution der Berliner Kernstadt samt exemplarischen Bebauungsvorschlag. Nähert man sich dem Thema über den Begriff der Restitution, so bedeutet er, abgeleitet von dem lateinischen Wort ‚restitutio‘, die städtebauliche Wiederherstellung der Berliner Kernstadt, was expressis verbis voraussetzt, dass der Kernstadt von heute etwas fehlt, was auf städtebauliche Weise wiederherzustellen ist. Dieser Prämisse folgen wiederum eine Reihe von Fragen, die vor der entwurflichen Arbeit zu klären wären. Um was handelt es sich bei dem Wiederherzustellenden, in welcher Form sollte es wiederhergestellt werden und wieso soll es überhaupt wiederhergestellt werden. Besonders die Frage des ‚Wieso?‘ ist hier von größter Bedeutung. Die Antwort auf sie war und ist die Triebfeder all unserer Beschäftigung mit der Berliner Altstadt; sie ist die Intention dieser Arbeit. Dass Berlin im Herzen der Stadt nicht immer trostlos und unwirtlich war, ist zugleich Erkenntnis und Beweggrund; Grund zur Forschung, Grund zur Auseinandersetzung, Grund für Verbesserungsvorschläge, Vorschläge die wiederum die Klärung des ‚Was?‘ und des ‚Wie?‘ voraussetzen. Ausgehend von dem Begriff (Kern-)Stadt lässt sich der Schluss ziehen, dass es sich um einen mutmaßlich verloren gegangenen oder vergessenen Zustand der Stadt handeln muss. Sobald dieser Zustand gefunden und in seiner äußerlichen wie funktionalen Ausprägung erforscht worden wäre, könnte die Stadt dementsprechend wiederhergestellt werden. Schnell wird klar, dass die Entwurfsaufgabe aber darin verfehlt wäre, einen Zustand X auf die heutige Stadt mit ihren gestiegenen Anforderungen an Komfort und Privatsphäre zu übertragen. Er müsste, entsprechend der heutigen Anforderungen modifiziert und auf die gegebene Situation angepasst werden. Zudem bleibt die Frage, welchen Zustand man der Wiederherstellung zugrunde legen soll – in der fast 800 Jahre alten Stadtgeschichte. Es gilt also herauszufiltern, welcher Zustand oder welcher Zeitraum der Wiederherstellung als Anhalts- und Orientierungspunkt dienen sollte. Diese Entscheidung setzt, sofern der spätere Entwurf über eine oberflächliche Form hinausgehen soll, das Wissen um die Struktur des Berliner Zentrums und seine Entwicklung bis zu dem heutigen Tag voraus. Denn nur die tatsächliche Stadtgeschichte und der konkrete Ortsbezug können die Form vorgeben, in der die Stadt, jenseits von Abstraktion und Willkür, wiederhergestellt und weitergebaut werden kann. Das Wissen um die Geschichte determiniert dabei nicht die Gestaltung, noch garantiert es den Erfolg der Wiederherstellung, es reduziert aber die Vielzahl der Entwurfsparameter und schafft uns damit unabdingbare Rahmenbedingungen, Rahmenbedingungen die sich über 700 Jahre entwickelt und bewehrt haben. Diese nicht einzuhalten, beispielsweise mit freien Entwurfsansätzen, bedeutet nicht, dass solche Ansätze falsch wären, im Kern aber blieben sie beliebig und angreifbar. Die Entwicklung der Stadt Berlin, von der einstigen Doppelstadt bis zur heutigen uns bekannten Form, wirkt auf den ersten Blick unstetig und zufällig. Dass es sich bei ihr aber weniger um eine zufällige als um eine, in den meisten Fällen geplante, regelrecht heraufbeschworene Entwicklung handelt verrät erst der nähere Blick auf die Stadtgeschichte. Abgesehen von den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs weist die Entwicklung der Stadt, besonders im Bezug auf die Selbstwahrnehmung ihrer Stadtväter, ein hohes Maß an Kontinuität auf. Den Stadtvätern, Planern und Politikern war ihre Stadt stets zu klein, zu arm, zu kleinbürgerlich – Berlin hatte zu jeder Zeit nachzuholen, was andere Städte bereits besaßen, erreicht und aufzuweisen hatten. Ob Magdeburg oder Brandenburg im ausgehenden Mittelalter, die europäischen Residenzstädte unter den preußischen Königen, London, Wien und Paris während der Kaiserzeit oder die amerikanischen Großstädte zwischen den Weltkriegen, Berlin konnte seinen selbst gestellten Ansprüchen nie gerecht werden. Diese Selbstwahrnehmung kann natürlich nicht als einzige, allgemeingültige Erklärung für die Gesamtentwicklung der Stadt angesehen werden, sie lässt sich aber, bis heute als stetes Motiv identifizieren. So hilft sie zu verstehen, weshalb heute von den 1840 noch etwa 1.500 vorhanden Bauwerken vormoderner Zeit nur noch zwölf existieren, wieso sich Martin Wagner die ‚Maschinenstadt‘ wünschte oder weshalb die Kernstadt nach dem Zweiten Weltkrieg nicht wieder auf dem bestehenden Grundriss aufgebaut wurde, wie beispielsweise der Prinzipalmarkt in Münster, sondern nach den Idealen der städtebaulichen Moderne. Welcher Zeitpunkt in der Geschichte der Stadt nun aber der Wiederherstellung als Orientierung dienen kann, ist noch nicht geklärt. Als vollkommene Überformung des Dagewesenen kann es, aus unserer Sicht, nicht der heutige Zustand sein. Dass auf den Fernsehturm, als wortwörtlich alles überragendes Wahrzeichen der Stadt, nicht verzichtet werden kann bedarf aber ebenfalls keiner Diskussion. Dieser Zwiespalt beweist exemplarisch, dass einer zukünftigen Restitution nicht nur ein isolierter Zustand als Leitfaden dienen kann, sondern ein komplexes Abbild der gesamten Geschichte der Stadt von Nöten ist, ein Abbild das auch den Umständen nach dem Zweiten Weltkrieg Rechnung zollt. Somit kommt die Frage auf, ob es einen solchen ausgewogen Zustand gibt und wie dieser aussehen würde. Rückblickend betrachtet hatte die Struktur der Kernstadt zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts eine Reife erreicht, die abgesehen von einzelnen Eingriffen, bis zum Beginn des Nazi-Regimes kaum noch verändert werden sollte. Die Stadt war bereits technisch und hygienisch modernisiert worden und stellte ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis. Berlin hatte ein Gleichgewicht zwischen Tradition und Moderne gefunden – einerseits als pulsierende Metropole, andererseits als Stadt, der sich die bis dahin fast 700 jährige Entwicklung am Grundriss ablesen ließ. Dieser Zustand soll uns als Anknüpfungspunkt dienen; auf diesem Stand wird die Kernstadt restituiert. Als Überlagerung, als gleichberechtigte Komponente wird dabei aber auch die jüngere Geschichte der Stadt, nach dem Krieg und nach der Wende, in den Grundriss mit einfließen und ablesbar bleiben. Dabei geht es nicht um die Gestaltung, nicht um sehnsüchtige Blicke zurück, es geht um den Respekt vor dem, was die Stadt ausmacht, ihre Blöcke, ihre Plätze, Straßen und Häuser. Diesem Grundriss, seiner Parzellierung und seinen Straßen liegt die Erfahrung von Generationen von Berlinern inne. Jede Unregelmäßigkeit hat ihre Geschichte. Jede dieser Geschichten belebt die wiedererrichtete Stadt; ihre Identität ist bereits im Kern vorhanden.

Das gedankliche und strukturelle Grundgerüst des städtebaulichen Entwurfes ist ohne den Bezug zur Geschichte des Ortes nicht denkbar. Er baut auf dem Gewesenen auf und schreibt das Vorhandene fort; nimmt sich jedoch auch die Freiheit Bestehendes zu verändern und begangene Fehler zu beheben. In der Dimensionierung und Platzierung der Volumen nimmt der Entwurf die Straßen und Plätze des frühen Zwanzigsten Jahrhunderts auf. Die ehemals vorhandene Parzellierung dient dabei als Grundlage der Neubeplanung. Lediglich in der Geschossigkeit sowie in der Einteilung und Abmessung der Blockinnenhöfe unterscheidet sich die Planung von der ehemaligen Altstadt. Hier entfernt sich der Entwurf jedoch bewusst von dem Gewesenen um den Anforderungen einer aktuellen Stadtplanung gerecht zu werden. Es entsteht ein urbanes Geflecht aus Wohnen, Arbeiten und Gewerbe, welches die momentan vorhandene Leere füllt und die Mitte Berlins wieder belebt. Hierfür sind Veränderungen in der vorhanden baulichen Gesamtsituation nötig. Das Gebiet muss von dem Dogma des Sozialismus befreit werden – was auch den teilweisen Abriss und Umbau der Bestandsgebäude mit einschließt. Mit seiner Signalwirkung und Symbolkraft muss der Fernsehturm Berlin als Wahrzeichen erhalten bleiben. Für den räumlich weit umgreifenden Sockelbau hat diese, so naheliegende Festlegung jedoch keine Gültigkeit. Die Erschließung des Turmes sowie weitergehende touristische Aktivitäten sind und müssen auch ohne diese starke gestalterische Dominante möglich sein. Anders verhält es sich mit dem Marx-Engels-Denkmal, welches der Neubeplanung des Gebiets nicht zum Opfer fallen darf. Auch wenn es erst 1986 installiert worden ist, ist es dennoch ein Bestandteil der DDR-Geschichte. Da es aber eher ideologisch künstlerisch als ortsbezogen wirkt, ist ein Umsetzen zugunsten des historischen Stadtgrundrisses denkbar. Das Denkmal muss jedoch als Ensemble gesehen werden. Als erzählendes Denkmal kann jedoch nicht lediglich die Marx-Engels-Statue erhalten bleiben. Neben der Umsetzung des Denkmals sollte auch über die Rückversetzung des Neptunbrunnens nachgedacht werden. An seinem jetzigen Aufstellungsort steht er erst seit der Neuordnung der Freifläche nach dem Bau des Fernsehturms. Mit der Rekonstruktion des Schlosses sollte auch der Schlossbrunnen wieder an seinem ursprünglichen Platz zurückkehren. Der Entwurf sieht vor diese Umstände zu berücksichtigen und somit ein verträgliches Nebeneinander von Alt und Neu zu ermöglichen. Durch den Abriss des Sockelbaus des Fernsehturms, die Rückversetzung des ehemaligen Schlossbrunnens vor das Stadtschloss sowie die Umsetzung des Marx-Engels-Forums auf den neu entstehenden Platz zwischen Fernsehturm und Bahnhof Alexanderplatz wird die Möglichkeit geschaffen den ehemaligen Stadtgrundriss wieder aufzubauen. Das historische Straßennetz wird als Grundlage für den Verlauf der Verkehrswege genutzt, zu denen auch die momentan für den Verkehr geschlossene Rathausstraße gehört. Der Platz vor dem Roten Rathaus wird über die bestehende Rathausstraße hin erweitert, die zu diesem Zweck für den privaten Autoverkehr unterbrochen wird. Für die neu angelegte Straßenbahn wird der Platz befahrbar bleiben und somit die alte Verbindung zwischen dem Alexanderplatz und der Friedrichstadt wiederherstellen. Der Wiederaufbau der Gerichtslaube auf dem neu geschaffenen Platz gibt Berlin einen weiteren Teil seiner Geschichte zurück. Die Königskolonnaden hingegen, werden nicht aus dem Kleistpark in Schöneberg an ihren Ursprungsort rückversetzt – ihr Wiederaufbau ist in unseren Augen zum jetzigen Zeitpunkt unter den gegebenen Umständen nicht denkbar. Der durch die Wiederaufnahme der historischen Raumkanten entstehende ‚Neue Markt‘ wird zum Zentrum des Quartiers und bietet wie in der Vergangenheit der Lutherstatue einen angemessenen Platz in der Stadt. Die Marienkirche wird durch den ‚Neuen Markt‘ und die wiederentstehende Randbebauung in einen städtischen Kontext eingebettet und aus der Maßstabslosigkeit der Freifläche befreit. Den vorhandenen Niveauversprung vermittelt eine Treppenanlage der Rampen zur barrierefreien Erschließung angelagert sind. Um für den Fernsehturm einen Eingangsbereich zu schaffen und gleichzeitig eine Durchwegung und Anbindung zwischen Alexanderplatz und Altstadtquartier zu ermöglichen, wird der Sockel in den neu entstehenden Block eingebaut. Er ist öffentlich zugänglich und wird durch sein Glasdach als lichtdurchflutete Passage wahrgenommen. Durch sie wird der steinerne Platz mit dem Marx-Engels Denkmal und das Gebiet westlich der Klosterstraße verbunden. Gebäude denen eine historische Bedeutung zukommt, wie beispielsweise der alten Post, werden in Anlehnung an den Ursprungsbau wiedererrichtet und stiften dem Gebiet zusätzliche Identität. Durch eine ausschließlich gewerbliche Nutzung der Erdgeschosszonen in den Vorderhäusern wird dem neugeschaffenen Quartier die nötigen Infrastruktur gegeben. In den oberen Geschossen mischt sich die gewerbliche Nutzung mit Wohnen, so dass in der neuen Altstadt gelebt und gearbeitet werden kann. Die einzelnen Hinterhäuser werden über Durchgänge in den Straßenhäusern erschlossen die sofern nötig als Feuerwehrzufahrten dienen. Die erste Phase unseres städtebaulichen Entwurfs zeigt den angestrebten Stand im Jahr 2020. Bis 2040 sehen wir eine Restitution der Kernstadt vor, die über das von uns beplante Gebiet hinausgeht. Die Hochhausscheiben entlang der Karl-Liebknecht- und Rathausstraße werden im Zuge dieser Baumaßnahmen durch, sich am historischen Stadtgrundriss orientierenden, Blöcken ersetzt. Hierdurch können die beiden Straßen wieder auf ein altstadtverträgliches Maß verengt werden. Bis diese baulichen Maßnahmen erfolgen und die Raumkanten geschlossen werden, sehen wir die Pflanzung von Bäumen vor, um den Straßen eine gefühlte Raumkante zu geben. Auf interimistische Bauten verzichten wir bewusst.

Mit dem exemplarischen Bebauungsvorschlag soll anhand von drei Beispielen die Vielseitigkeit der neu entstehenden Gebäude aufgezeigt werden. Hierbei ist uns wichtig, dass zum einen die verschiedenen Möglichkeiten der Bespielung der Häuser mit unterschiedlichen Funktionen und zum anderen die gestalterischen Varianten der Fassaden gezeigt werden. Es soll verdeutlichen und nachweisen welche flexiblen und zugleich attraktiven Arbeits-, Wohn und Geschäftsräume in den überkommenen Parzellen der Altstadt möglich sind. Hierdurch wird gezeigt das die von uns angestrebte Durchmischung der Funktionen möglich und eine Zusammenlegung kleiner Parzellen zu Großparzellen unnötig ist. Eine Zusammenlegung einzelner kleinerer Parzellen zu größeren Parzellen schließen wir dennoch nicht aus, sofern sie sich auf ein altstadtverträgliches Maß beschränkt. Dies verdeutlicht zugleich, dass der gezeigte Bebauungsvorschlag lediglich eine mögliche Variante darstellt, wie die neue Kernstadt auf der ihr zugrunde liegenden Parzellierung wiederentstehen kann und die Geschichte Berlins im Zentrum weiterschreibt. Für den Bebauungsvorschlag werden drei unterschiedliche Haustypen exemplarisch durchgeplant. Die Bauten belegen somit die Machbarkeit unseres städtebaulichen Entwurfsansatzes. Zudem geben wir einen Ausblick auf die möglichen Qualitäten, die die wiederbebaute Freifläche bieten kann. Hierfür werden ein Townhouse mit lediglich 6,33 m Breite, ein Eckhaus an der Rathausstraße sowie ein historisch bedeutendes Gebäude, das ehemalige Hotel de Hambourg, mit rekonstruierter Straßenfassade geplant. Die Gebäude werden hinsichtlich ihrer internen Erschließung und Funktionalität aber auch im Kontext der Baublöcke untersucht. Neben der Darstellung der Gebäude in Grundrissen, Ansichten und Schnitten werden durch perspektivische Darstellungen die gestalterischen Ansätze der einzelnen Gebäude gezeigt. Zudem wird die Materialität und ihre konstruktive Umsetzung anhand von Fassadenschnitten und Detailansichten erläutert.

Entlang der Burgstraße, gegenüber dem Belvedere Franco Stellas, mit seiner Treppenanlage zur Spree, entsteht mit sechsgeschossigen Stadthäusern eine neue Raumkante. Um die Bebauung nach historischem Vorbild aufnehmen zu können ist aber auch die Bebauung relativ schmaler Parzellen notwendig. Dies steht aber, in unseren Augen, nicht im Wiederspruch mit dem Anspruch an gehobene Wohnkultur. Solche Kleinparzellen fordern aber einen anderen Wohntypus als den des klassischen Geschosswohnungsbaus. Diese Vielfalt und Abwechslung schafft die einmalige Situation die exponierte Lage gegenüber dem Schloss einer breiteren Bevölkerungsschicht zugänglich zu machen. In diesem Bereich der Stadt war immer eine Wohnnutzung der Mittelschicht angesiedelt und dies soll sich auch mit dem neuen Bebauungsvorschlag nicht ändern. Das von uns geplante Stadthaus beschäftigt sich bewusst mit dem Thema der schmalen Parzelle. Es wird belegt, dass neben einer attraktiven Wohnnutzung auch auf einem solchen Grundstück die Erdgeschosse gewerblich zu nutzen sind. Zudem zeigt sich, dass der Ausdruck des Gebäudes auch bei geringer Breite der besonderen Lage gerecht werden kann. Hierfür sehen wir einen zweigeschossigen Natursteinsockel vor, der diesen optisch betont und die Eingangssitutation hervorhebt. Die vertikal orientierte Fassade mit hochformatigen Fenstern wird durch horizontale Gesimsbänder gegliedert. Auf sechs Vollgeschossen und einem Staffelgeschoss sind neben dem Ladengeschäft im Erdgeschoss drei Maisonetten in unterschiedlicher Größe und mit unterschiedlicher Zimmeranzahl untergebracht. Auf der Hofseite befinden sich Balkone. Die interne Erschließung und die für die Wohnnutzung erforderlichen Funktionsräume befinden sich alle im unbelichteten im Kern des Hauses. Die Wohnräume sind alle zum Licht, teils zum Innenhof teils zur Spree und zum Schloss orientiert.

Das ehemalige ‚Hotel de Hambourg‘ soll an seinem ursprünglichen Standort an der Heiligegeiststraße wiederentstehen. Das Hotel dient uns als Beispiel für den Umgang mit historisch bedeutenden Gebäuden die in unserem Städtebau berücksichtigt werden sollen. Sie sind als erinnernde Komponente maßgeblich für die Identität des neuen Quartiers. Dabei geht es weniger um die eigentliche Funktion oder die interne Organisation als viel mehr um die Erscheinung dieser Gebäude im Straßenbild. Im Fall des Hotels haben wir uns jedoch für die Beibehaltung der ursprünglichen Funktion entschlossen und lediglich die innere Organisation den heutigen Bedürfnissen angepasst. Die Straßenfassade ist anhand von Fotografien rekonstruiert, wobei es sich nicht um originalgetreue Rekonstruktion sondern um eine interpretierende Rekonstruktion handelt. Hierbei werden die gestalterischen Elemente und Ordnungslinien übernommen und der Gestalt des Ursprungsbaus nachempfunden. Das Hotel wird in dem neuen Entwurf um ein Geschoss aufgestockt und der Fassade ein gleich bleibendes Raster zugrunde gelegt. Hierbei werden die, schon beim Ausgangsbau, zusammengelegten Parzellen als eine betrachtet, wodurch eine Achsensymmetrie des Fensterrasters um den Eingangsbereich möglich wird. Zudem variieren die Geschosshöhen, bezogen auf das ursprüngliche Gebäude, um einer heutigen Nutzung gerecht zu werden. Des Weiteren setzt die Hotelnutzung das Vorhandensein einer Tiefgarage voraus, die wir durch ein automatisiertes Parksystem realisieren. Das Hotel bietet neben einer Bar und einem Restaurant einen Fitnessbereich mit Terrasse im Staffelgeschoss. Neben den Ein- und Zweibettzimmer werden Suiten auf allen Geschossen angeboten. Die vertikale Erschließung erfolgt über einen Lift, der jedoch durch einen Lastenaufzug und ein Fluchttreppenhaus ergänzt wird.

In der Rathausstraße, einer der beiden Haupterschließungsstraßen des neuen Quartiers, steht das dritte Vertiefungsprojekt unserer Arbeit. Als Eckgebäude steht ihm traditionell eine besondere Bedeutung zu. Es bildet den Abschluss des Blockes und leitet mit den zwei Straßenfassaden den weiteren Verlauf der einzelnen Straßen ein. Als Bindeglied zwischen den Straßen ist der Eingang auf der Ecke von je her eine besondere Adresse. Als Wohn- und Geschäftsgebäude erfüllt der Entwurf den Anspruch an die nutzungsdurchmischte, urbane Gesamtkonzeption unseres Städtebaus. In Weiterführung dieser Idee ist das Gebäude mit zweigeschossigem Natursteinsockel ausgebildet. In den Obergeschossen sind die gestaltprägenden Motive in Putz weitergeführt und finden in dem eckbetonenden Dachaufbau ihren Abschluss. Die achsensymmetrisch gegliederte Fassade unterstreicht die ruhige aber auch stolze Erscheinung und belegt zugleich, dass sich ein gleichmäßiges Rastermaß auch auf ungleichmäßigen Parzellen verwirklichen lässt. Die Balkone, die ähnlich einer Loggia nach innen verspringen, gliedern sich in die Regelmäßigkeit der Fassade ein und schaffen einen harmonischen Gesamteindruck. Auf der Rückseite ist die Fassadenordnung der Straßenfassaden in vereinfachter Form und Materialität weitergeführt. Im Grundriss wird die Leitidee des Entwurfs in aller Konsequenz weitergeführt. Neben den Wohnungen in den Obergeschossen, die wir als bürgerliche Stadtwohnungen mit großzügigen Raumfolgen und gehobenen Standard konzipiert haben, haben wir das Gebäude als Zeichen der Flexibilität exemplarisch mit einer Anwaltskanzlei, einer Zahnarztpraxis und einem Architekturbüro beplant, die durch das gemeinsame Foyer und das aufwändige Treppenhaus erschlossen werden. Neben dem Foyer auf der Ecke befinden sich im Erdgeschoss eine Bar und ein Ladenlokal; die ebenfalls als Beispiel einer möglichen Nutzung dienen.

Nach der theoretischen und entwurflichen Auseinandersetzung mit der Berliner Kernstadt steht für uns mehr denn je fest, dass die Restitution der Altstadt der einzig richtige Umgang ist. Unser Entwurf nimmt den zerrissenen Erzählfaden der Geschichte wieder auf und schreibt diesen fort. Er versteht sich dabei eher als Anknüpfungspunkt denn als Abschluss einer Entwicklung. Ziel dieser Entwicklung soll sein, die trostlose Leere um Fernsehturm und Marienkirche mit Leben zu füllen und die ursprüngliche Mitte der Stadt für die kommenden Generationen von Berlinern zurückzugewinnen. Dabei muss es sich um ein durchmischtes urbanes Gefüge handeln das sich durch Masse, Dichte und Komplexität auszeichnet und nicht durch monofunktionale Nutzungskonzepte. Zudem muss das Gebiet in kleinteiliger Parzellierung wiedererrichtet werden. Nur ihr wohnt die Möglichkeit inne, dass sich das neue Quartier auch in Zukunft weiterentwickeln kann. Die Austauschbarkeit einzelner Bausteine, die Addition und Subtraktion der Einzelelemente sowie die Zusammenführung kleinerer Parzellen erlauben die unabhängige Entwicklung jedes Blockes, jeder Straße und jedes Hauses. In diesem Sinne sind unsere Bebauungsvorschläge zu verstehen. Zum einen belegen sie die Machbarkeit unseres städtebaulichen Gesamtkonzeptes und zum anderen geben sie exemplarisch Ausblick in welcher Art und Weise eine Reurbanisierung am konkreten Beispiel aussehen kann.  

Jonathan Krug, Marvin Stegemann