1, 2009
Staatliche Hochschule für Bildende Künste - Städelschule
PLURALISTIC RELIGIOUS CENTRE - IN POST-SACRED ERA

Staatliche Hochschule für Bildende Künste - Städelschule
11.07.08 / 1.11.08
Ben van Berkel, Johan Bettum
Experimentelle Entwürfe
“Architecture makes a new history; history doesn’t make a new architecture” Reiser + Umemoto Fortlaufend verändern, verlinken und erweitern wir die Architekturgeschichte. Der Entwurfsprozess unterliegt dementsprechend einem stetigen Wandel. Der Anspruch dieser Arbeit liegt daher im Entwurfsprozess, der Einbindung und Skalierung eines im Vorfeld recherchierten Systems in den sozialen, humanen Maßstab. Neben der Standortanalyse bestimmen zwei Studien direkt das Resultat der Arbeit: 1. Religiosität und religiöse Bauten Basierend auf: Ansichten der Soziologen Durkheim und Turner; Rudolf Schwarz - „Vom Bau der Kirche“; Mesquita Cordoba; vergleichende Recherche über Raumprogramme von Kirche, Moschee und Synagoge; Recherche über die gegenseitige geschichtliche Beeinflussung der Bautypen. 2. Material System „Yarn Bending Process“und „Yarn Shift” Die physische und digitale Arbeitsweise wurde zunächst durch assoziative Modelle, später durch Design- und architektonische Modelle bestimmt.
„Multikulti“ gilt gemein hin als tot. Die Frage aber, wie wir in verschiedenen sozialen Größenordnungen mit der Heterogenität unserer Gesellschaft umgehen, bleibt ungelöst. Gleichzeitig erleben wir eine Renaissance der Religiösität: „Mass Mosques“ und „Mega Churches“ sind dabei nur zwei Phänomene unserer Zeit. Die Thesis versteht sich als ein Ansatz (im Sinne Nietzsches) eine Gemeinsamkeit mehrerer parallel lebender Gruppierungen zu suchen, um sie an einem Ort zu manifestieren und dadurch auf lange Sicht eine neue Gesellschaft zu formen.
Wie keine andere Stadt Deutschlands, ist Frankfurt pluralistisch kulturell geprägt. Die Standortanalyse ergab, dass die meisten Gruppen in den 60iger Jahren mit der Einwanderung der „Gastarbeiter“ gegründet wurden. Die Schicht der ehemaligen „Gastarbeiter“ durchläuft heute aber einen Wandel in ihrer Identität: Aus dem Wunsch für kurze Zeit in Deutschland zu wohnen, wurde der Wunsch zu bleiben. Dadurch erklärt sich der deutschlandweite Trend, dass angemietete Räume für die religiöse Zwecke aufgegeben werden und Eigentum gesucht wird.
Da die meisten Gruppierungen christlich, muslimisch oder jüdisch orientiert sind, konzentriert sich das Gebäude auf diese Religionen. Der Hochbau umfasst drei Teilbereiche, die auf breit gefächerter Weise mit Religion und Gemeinschaft arbeiten. Die einzelnen Funktionen des Centers bewirken, dass Gläubige über den Akt des Betens hinaus an den Ort gebunden werden. Dadurch wird zwangsläufig eine Kommunikation unter den verschiedenen Glaubensrichtungen erreicht, die durch die pluralistisch- religiösen Institute bearbeitet und kontrolliert werden können.
Die relativ geringe Höhe des Hochbaus lässt Experimente in der Tragwerksplanung zu. Die Nutzung des Materialsystems kann dazu beitragen die resultierende Form des Gebäudes strukturell optimal zu nutzen. Die Tragstruktur besteht aus verbundenen Beton-Biegeschalen. Die Geschossschalen werden eingehängt. Dank der stark entwickelten Finite-Elementprogramme können Biegeschalen heute – im Gegensatz zu den 60iger Jahren - berechnet werden. Durch die Nutzung des Schalenbaus wird der Werkstoff optimal genutzt. Weitaus dünnere Wandstärken können somit jetzt auch bei nicht rotationssymmetrischen Strukturen erzielt werden. Das Gebäude wird zum „Leichtbau“ und schont die natürlichen Ressourcen.