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Juli / August 2013

Technische Universität Graz

Planet Reininghaus

Der Stadtbaukasten und seine Anwendung auf das Grazer Stadterweiterungsgebiet Reininghaus

von Katharina Köglberger

Hochschule:

Technische Universität Graz

Abschluss:

Diplom

Präsentation:

25.06.2012

Lehrstuhl:

Ao.Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn. Grigor Doytchinov

Rubrik:

Wohnbauten

Wohnen als existenzielles Bedürfnis muss man ernst nehmen. Trotzdem habe ich das Gefühl, das 98 Prozent noch nicht so wohnen, wie sie es gerne hätten. Aber sie wissen nicht, wie sie eigentlich wohnen möchten; das ist das Problem. Sie haben gar keine Auswahl.

Motivation
Enttäuscht von den Entwicklungen im Wohnbau in den letzten Jahren, war ich auf der Suche nach einem flexiblen, interdisziplinären Konzept mit der Möglichkeit zur Festschreibung von Vielfalt und Qualität in der Stadtplanung und im Wohnbau in mehreren Dimensionen. Herausgekommen ist der Stadtbaukasten.

Stadtbaukasten
Der Stadtbaukasten ist ein städtebauliches Planungsinstrument, das mittels objekthafter, dreidimensionaler Planung agiert. Er setzt sich - ähnlich einem Baukasten - aus Elementen unterschiedlicher Charakteristika und Planungsregeln zusammen. Da die Elemente auf verschiedenen Ebenen vordefiniert sind, werden sie in Anlehnung an das Englische Preset genannt.

Preset
Ein Preset ist ein dreidimensionaler Gebäude- und Freiflächenentwurf, der in verschiedenen Teilbereichen geplant wird: Grundriß- und Erschließungs- und Gebäudetypologie, Freiraumgestaltung, Verkehrserschließung, Energiekonzept und Atmosphäre. Maßgebend für den Entwurf eines Presets ist die jeweilige Nutzergruppe, die mit ihren Ansprüchen, Gewohnheiten und Wünschen die Gestaltung und Funktionalität mitbestimmt. Dazu werden die Presets dem Gesellschaftsmodell der Sinus-Milieus zugeordnet. Bereits entwickelte Presets tragen Namen wie z.B. Alice im Wunderland, Italian Crossing und Passion Fruit.

Die Sinus-Milieus
Die aktuelle Gesellschaftsstruktur zeichnet sich nicht mehr durch eine Untergliederung in einige Stände oder Klassen aus, sondern ist geprägt von einem Prozess der Ausdifferenzierung, der eine größere Anzahl unterschiedlicher gesellschaftlicher Milieus hervorbringt. Die Sinus-Milieus sind ein Gesellschaftsmodell, bei dem in einem Koordinaten-System Milieus angeordnet sind. Auf der y-Achse befindet sich die soziale Lage -€“ also die Schicht. Das entspricht einer herkömmlichen Einteilung in Unter-, Mittel- und Oberschicht. Die x-Achse spiegelt die Grundorientierung, also die Werte und Einstellungen, wider. Bei der Anwendung des Stadtbaukastens wird durch die Vielfalt der Presets die ganze Bevölkerung abgedeckt und ein Ghettobildung verhindert.

Anwendung des Stadtbaukastens auf den Reininghausgründen
Der Stadtbaukasten bietet unter anderem die Möglichkeit große Flächen schnell entwickeln zu können. Für das 1 km² große Gebiet der im Westen von Graz liegenden Reininghausgründe wurde in 6 Wochen ein städtebaulicher Entwurf erarbeitet. Dazu wurde ein Planungstool für den Computer entwickelt, dass das Matching zwischen den Presets und der Quartieren des Planungsgebiets ermöglicht.

Matching
Die Presets werden den Quartieren zugeordnet, indem Kriterien wie Flächenbedarf, Verkehrssituation, Infrastruktur, Umweltbedingungen etc. bewertet und die besten ܜbereinstimmungen ausgewählt werden. Dadurch entsteht eine Landkarte von möglichen Einsatzorten der Presets. Diese dient dem Planer als Ausgangsbasis für den Entwurf und bietet ihm die Möglichkeit, verschiedene städtebauliche Lösungen durchzuspielen.

Neue Möglichkeiten durch den Stadtbaukasten
Dank der objekthaften Planung und dem Grad der Vordefinition der Presets wird einerseits eine Verkürzung und Vereinfachung des städtebaulichen Planungsprozesses und andererseits eine größere Planungsflexibilität erzielt. Die Kombination dieser beiden Aspekte bewirkt, dass mehr Qualitäten bei Stadtentwicklungsprojekten umgesetzt werden können, als dies momentan aufgrund von langwierigen, steifen Prozessen möglich ist. Außerdem werden andere Disziplinen von Beginn an auf Objektebene in den Planungsprozess einbezogen. Dies ermöglicht es z.B. energetisch und verkehrstechnisch hohe Standards fest- und umzusetzen. Die Methodik des zielgruppenspezifischen Entwerfens unter Einbezug der aktuellen Gesellschaftsstruktur erlaubt es, Thematiken wie z.B. altersgerechtes Wohnen, Wohnen und Arbeiten, Tierhaltung und Pflanzenzucht im städtischen Umfeld, Mehrgenerationenwohnen systematisch in den Städtebau einfließen zu lassen. Des Weiteren erleichtert die Planung der Presets auf Gebäude- und Bildebene die Kommunikation mit Kunden und Entscheidungsträgern. Modelle, Fotos und schriftliche Erläuterungen sind leichter verständlich als abstrakte Pläne.

Die Diplomarbeit ist entstanden mit der Unterstützung von: SPLITTERWERK, Asset One AG, ECR Energie City Graz, Integral Markt- und MeinungsforschungsGesmbH, MS Creative, Maria Schnabl