2, 2004
Technische Universität Berlin
Neuordnung des Knotens Warschauer Str. / Frankfurter Tor in Berlin

Technische Universität Berlin
Februar 2004
Prof. Berten
Städtebau
CAD-Konstruktion mit AuroCAD 2002, Collagen im Photoshop 7.
Mag die Berliner Hochbahn “bloß” etwas mehr als hundert Jahre alt sein, die Erweiterungspläne sind mancherorts um ein paar Jahrzehnte älter. Dieser Planungen bewusst, baute man Tunnel und Bahnhöfe auf Vorrat, oder, wie an der Warschauer Brücke geschehen, begnügte man sich mit Provisorien. Wer konnte denn ahnen, dass bis zum Endausbau ein Jahrhundert vergeht?
1902 geht die “Stammbahn” der Hochbahnlinien in Betrieb, wenig später — der provisorische Endbahnhof “Warschauer Brücke”. Die Anschlussstrecke wird allerdings nicht genehmigt, stattdessen verkehren elektrische Straßenbahnen als “vom Viadukt genommene Hochbahn”, auch “Flachbahn” genannt (heute würde man Pre-Metro dazu sagen).
Als ob unter bösem Stern stehend, scheitern nicht nur weitgreifende Pläne (1898, 1929, 1939, 1948, 1955, 1977, zuletzt 1996), auch kleinräumliche Verbesserungen — z.B. der Umsteigewege zur davorliegenden S-Bahnstation “Warschauer Straße” bleiben aus. Stattdessen werden die Aushilfslösungen fortdauernd ausgebessert, erweitert und ertüchtigt.
Die S-Bahnstation wird mal auf die eine, mal auf die andere Brückenseite verlegt und wächst schließlich auf drei Bahnsteige mit Kehrgleisen; Die Straßenbahn wird von der Straßenbrücke zurückgezogen, dann wieder über sie geführt…
Große Umwälzungen seit der Wende — Eingehen der benachbarten Kombinate und ihr Wiederauferstehen als Kontorstädte; Projektierte Parzellierung der Güterbahnhöfe und Bahnwerke; Veranstaltungszentren, die darauf entstehen sollen; Neubauten an Nachbarbahnhöfen — zwingen zur Tat.
Parallel zur Warschauer Straße entsteht ein Brücken-Umsteigebahnhof aller öffentlicher Verkehrsmittel. Zuunterst — die S-Bahn, gefolgt von der Straßenbahnebene mit einer Einkaufspassage (Living Bridges lassen grüßen), über die die Hochbahn fährt.
Während die Straßenbahn bereits zum Warschauer Platz bzw. Revaler Straße aufs Erdniveau zurückkehrt, verbleibt die U-Bahn auf gewohnter Höhe bis zum neuen Haltepunkt “Frankfurter Tor”, wo sie vor den Paulick-Türmen (und mit Anschluss an die U-Bahn-Linie 5) endet.
Bewegung als Quelle der Form.
Die Sheddächer der S-Bahnsteige weisen auf die Umsteigerichtung hin; Die schwer hängende Dachschale der Straßenbahnebene läßt die gläsernen Hochbahnsteige umso magnetischer wirken; Auch ist sie trapezoid gen Süden aufgeweitet, zum voluminösen Vestibül der Anschütz-Arena.
Auf dem Mittelstreifen der Warschauer Straße lassen die wechselseitig vorkragenden Einzelstützen den Viadukt lichter wirken, umsomehr, als dass die Träger zwecks Schattenminimierung dreieckig zugespitzt sind.
Vor den Tortürmen endet die Fahrt am gebogenen Panoramafenster. Die Fahrgäste eilen nach unten, ihnen entgegen kommen die Umsteiger vom Tiefbahnsteig — die Wölbdecke weist ihnen den Weg (der Kreis schließt sich, siehe S-Bahnsteig).
Zugegeben erlag ich am Endbahnhof dem Zeichenwillen. Nicht dass ich ein Gegner sozialistischer Neoklassik wäre — vielmehr sah ich hier eine Möglichkeit echter Auseinandersetzung mit denkmalgeschütztem Bestand. Umsomehr, als die “Stiftung Denkmalschutz Berlin” just in einem der Türme residiert.