Juni / Juli 2010
Helsinki University of Technology
Neuordnung des Bürgerbräu-Areals in Würzburg

Helsinki University of Technology
Trevor Harris (Lehrstuhl für Städtebau und Regionalplanung)
Städtebau
Thema der Diplomarbeit ist die funktionale und gestalterische Entwicklung des ehemaligen Bürgerbräu-Areals. Die Bierbrauerei und die Mälzerei waren seit Ende des 19.Jahrhunderts bis 1991 in Betrieb; später standen die meisten Gebäude leer, andere wurden mehr oder weniger provisorisch von einer Sektkellerei und als Kultur-, Sport- und Freizeiteinrichtungen und Lagerräume genutzt. Der Komplex der frühindustriellen roten Backsteinbauten mit seinen Türmen und von weit sichtbaren hochaufragenden Fabrikschloten, bildet die westliche Eingangssituation der Stadt am Main. Auf Grund des historischen Baubestands und der exponierten Lage ist ein stimmiges Sanierungs- und Entwicklungskonzept für die Stadt Würzburg von Bedeutung.
Die Arbeit besteht aus Analyse- und Konzeptteil, die wiederum in drei Betrachtungsebenen gegliedert sind: Stadt, Stadtteil und Bürgerbräu-Areal. Die Entwicklung der Mikrostruktur eines Areals kann nicht ohne den Kontext des Stadtteils und der Stadtentwicklung als Ganzes gesehen werden.
Der Analyseteil zeigt, welche für die Identität des Bürgerbräu-Areals und seiner unmittelbaren Umgebung relevanten Elemente in den letzten Jahrzehnten verloren gegangen sind, und welche Verknüpfungen mit Stadtteil und Stadt unterbrochen wurden. Im Konzeptteil werden über Areal, Stadtteil und das westliche Stadtgebiet neue Layer gelegt. So werden alte Vernetzungen wieder hergestellt und Problemzonen, mit dem für Würzburg und seiner exzeptionellen topographischen Situation typischen Mix aus Handel, Freizeit und Kultur, neu geordnet.
Das Konzept der langfristigen Entwicklungsstrategie Vision 2050 ist ein Layer, der das Bürgerbräu-Areal in ein Netzwerk einbindet, das auf dem Land-, Wasser- und Luftweg die Handel-, Freizeit- und Kulturaktivitäten der Stadt miteinander verknüpft. Real bedeutet diese eine cable car-Verbindung auf dem Luftweg von Kulturspeicher zur Steinburg, über den Main zum Bürgerbräu-Areal und weiter über Zeller Waldspitze und Hexenbruch zur Festung Marienberg. Zu Wasser sind neue Anlegestellen für die Ausflugsschiffe, Fussgängerbrücken und Fährverbindungen, die beide Mainseiten miteinander verbinden, vorgesehen. Eine Überbauung der Veitshöchheimerstrasse und Bahntrasse im Engpass zwischen Main und dem Steinberg mit attraktiven Wohn-, Freizeit-, Kultur- und Einkaufsmöglichkeiten, schafft nicht nur ein besonderes Eingangstor zur Frankenstadt, sondern verknüpftgleichzeitig das attraktive Mainufer mit der besten Weinlage der Stadt. Auch auf dem Zellerauer Mainufer überlagert ein neuer Layer die alte modernisierte Kläranlage mit einem IT-Park und Wassersportzentrum - eine Nutzung, die der attraktiven Lage besser gerecht wird.
Das Konzept der mittelfristigen Entwicklungsstrategie Vision 2030 ist ein neuer Layer, der das Bürgerbräu-Areal mit seiner unmittelbaren und neugeordneten Umgebung vernetzt. Wichtig ist auch hier die Schnittstelle zwischen Stadt und Land deutlich herauszuarbeiten, beziehungsweise eine Eingangssituation zu schaffen, die aus der Synergie von alt und neu generiert und gleichzeitig die Verbindung zwischen Mainufer und den Naherholungsgebieten Zeller Waldspitze und die Friedrich von Koenig-Anlage reaktiviert. Die kurzfristigen verkehrstechnischen Massnahmen und die Revitalisierung des Bürgerbräu-Areals werden wie ein Katalysator für die weitere Entwicklung des Umfeldes wirken, dessen Masterplan in der Vision 2030 vorliegt.
Die Leitlinien der kurzfristigen Entwicklungsstrategie sind Vernetzung, Rückbau, Sanierung und neuer Nutzungsmix für das Bürgerbräu-Areal, die Mälzerei und das ehemalige Opelgelände. Das Verkehrskonzept sieht Verkehrsberuhigung der Frankfurter Strasse und ein großzügiges Parkplatzangebot integriert in ein Wellnesszentrum im Bereich des ehemaligen Opelgeländes vor. Zusätzlich ist, um eine ideale Erreichbarkeit zu gewährleisten, ein attraktiver Tram- und Busterminal mit Einkaufszentrum, „park and ride“ und Fahrradvermietung eingeplant. Der Busterminal ist auf mehreren Ebenen mit dem Bürgerbräu-Areal verbunden.
Erschlossen wird das Bürgerbräu-Gelände von der Frankfurter Strasse her, sowohl über die neu interpretierte, vorgelagerte Terrasse, als auch direkt über eine grosszügige Freitreppe. Die frühindustriellen Backsteingebäude sollen wieder sichtbar und erlebbar gemacht werden, das heißt spätere Um- und Anbauten werden rückgebaut und so entsteht eine Folge von Plätzen und Höfen von denen aus das ganze Spektrum der neuen Nutzungen miterlebbar wird.
Die architektonischen Eingriffe sollen sich auf Gewährleistung der natürlichen Belichtung der Innenräume, die Schaffung von funktionalen und visuellen Links so wie der Bereitstellung der nötigen Logistik für die neue Nutzung beschränken. Die Eingriffe in die alte Struktur sind durch Materialwahl und Form klar ablesbar; es sind Glaskuben, die die alten Gebäude durchdringen und die Eingangsbereiche markieren. Zubauten beschränken sich auf das absolute Minimum: ein multifunktionaler, transparenter Raum auf dem zentralen Platz ist vielseitig bespielbar.
Der geplante Nutzungsmix der alten Gebäude orientiert sich an den Raumvorgaben des Bestands und deutet sie um. Das Ergebnis ist eine lebendige, inspirierende und urbane Mischung aus Wohnen, Arbeiten, Shopping, Freizeit und Kultur in innovativ genutzter frühindustrieller Architektur.