Oktober / November 2010
Fachhochschule Dortmund
Mensis
Lebensformen der Zukunft

Fachhochschule Dortmund
12.02.2010
Entwerfen / Prof. Jean Flammang
Theoretische Themen
- Recherchen aus bestimmten Bereichen der Architekturtheorie und Naturwissenschaften - Malen und Skizzieren - verschiedene Arbeitsmodelle - verschiedene Modellierungstechniken - Visualisierung Software: - Allplan/Autocad - Cinema4d/Rhino
Städtische Entwicklungen hinken den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen hinterher, sie werden durch die Politik und die Art des Bauens gehemmt. Das jeweils aktuelle bauliche Umfeld, unser Lebensraum, ist nicht in der Lage innerhalb einer kurzen Zeitspanne auf gesellschaftliche Entwicklungen zu reagieren. Sind wir überfordert? …ich denke schon. Sowohl bei der Planung einer Stadt als auch soziologisch gesehen, stehen wir an einem Wendepunkt. Für unser Zeitalter bedeutet diese Tatsache, dass Mensch und Maschine vor neue Aufgaben gestellt werden.
Bisher haben wir es nicht schaffen können “dem Sein“ einen selbstoptimierenden Prozess zu Grunde zu legen, wie es eigentlich die Natur schon immer vorgemacht hat. Die Natur also genießt eine absolute Unabhängigkeit und somit eine unbegrenzte Souveränität? Sie nämlich ist in der Lage “alles“ zu überleben, in welcher Form auch immer.
In “Mensis“ entsteht zunächst eine städtische Struktur, der eine evolutionäre Entwicklungsmethodik, in Form eines biologischen Prozesses, zu Grunde liegt. Diese “Stadt als Organismus“ besitzt die Fähigkeit der Selbststeuerung, eben eine Art Eigenlogik, die, vergleichbar mit dem inneren Mechanismus des menschlichen Körpers, durch das Entstehen, Teilen und Absterben von Zellen als Lebensraum, sämtliche unnatürliche Kontroll- und Steuerungsinstanzen außer Kraft setzt. Bis dieses Stadium erreicht wird, finden gewisse Veränderungen im Stadtbild, und Mutationen des Nutzers statt. Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt in der Gegenüberstellung, dem Vergleich, von künstlichen Errungenschaften aus Menschenhand je nach Bedarf und der eigenständigen Selbstoptimierungsfähigkeit der Natur.
Heutige Slums, wie in diesem Beispiel in Mumbai, spiegeln diesen Prozess des totalen unkontrollierten Wucherns von Lebensräumen sehr gut wider. Bei näherer Betrachtung ist dieser angesprochene biologische Prozess, wenn auch nur als Prozess unabhängig von der Gestalt, in diesen Favelas vorhanden. Ohne jegliche gesetzliche oder politische Kontrollierbarkeit entwickeln sich Lebensräume, die in Form von Baracken, wie millionen von Zellen Tag täglich entstehen, sich vermehren und wieder absterben. Ein soziologischer Kreislauf, verglichen mit dem hier dargestellten biologischen Lebenszyklus. Das Ausmaß der Lebensbedingungen dieser Megacity wird deutlich, wenn man bedenkt, dass in Berlin etwa 3800 Menschen auf einem Quadratkilometer leben, wobei diese Zahl in den Slums von Mumbai 400 000 beträgt.
Ich sehe die Stadt der Zukunft, die Zukunft des Wohnens nicht in der “Entstehung außergewöhnlicher Formen“, sondern in neuen Organisationsweisen und Verhaltensmustern des Menschen und der darin lebenden Organismen, die es ihnen ermöglichen, innerhalb eines bestimmten gemeinschaftlichen Rahmens ihr individuelles Umfeld zu gestalten. Gleichzeitig kann das Individuum nur funktionieren, wenn es Teil des Kollektivs ist.
Im Vordergrund steht somit ein Lernprozess, den sich die Stadt im Laufe der Zeit aneignet. Es schließt sich ein Kreislauf. Die Zeitspanne in der es passiert ist irrelevant. Die Form des Ganzen spielt dabei eine eher untergeordnete Rolle.
Als Voraussetzung für die gedankliche Nachvollziehbarkeit dieses Prozesses muss die Erkenntnis da sein, dass absolut alles, aber auch wirklich alles Erdenkliche im Zusammenhang mit unserem Dasein sich ändern wird. Es geht nur um das „wie“, nicht um das „ob“.