Platz 2
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November / Dezember 2014

Technische Universität Braunschweig

Krematorium

Abschied - Trauer - Gedenken

von Leonore Brave

Hochschule:

Technische Universität Braunschweig

Abschluss:

Master

Präsentation:

2014-08-01

Lehrstuhl:

Institut für Industriebau und Konstruktives Entwerfen - IIKE - Prof. Carsten Roth

Rubrik:

Gesundheitsbauten

Software:

Vectorworks

Geburt und Tod gehören zur menschlichen Existenz. Allerdings geht mit den neuen gesellschaftlichen Entwicklungen zu mehr Individualität, Flexibilität und Mobilität, die Routine im Umgang mit dem Tod verloren. Gerade außerhalb religiöser Gemeinschaften scheinen fehlende Rituale zu großen Unsicherheiten im Umgang mit Sterben und Trauer zu führen. Als Reaktion wird der Tod daher oftmals völlig aus dem Leben ausgeschlossen. Solange der letzte Weg jedoch von Fachleuten organisiert und der Ablauf vom Eintritt des Todes bis zur Bestattung auf unterschiedliche Veranstaltungen, Institutionen und Gebäude aufgeteilt wird, fällt das Abschiednehmen schwer. Es schien mir daher einen Versuch wert, der Furcht vor Verlust und dem Ungewissen einmal nicht mit Verdrängung zu begegnen, sondern mich mit meiner Masterarbeit diesem Themenkomplex in aller Ernsthaftigkeit zu stellen, um eine persönliche architektonische Antwort für einen zeitgemäßen Umgang mit dem Tod zu finden.

Der gewählte Standort befindet sich in der Kieler Förde. Es handelt sich um einen öffentlichen Ort, der geprägt ist von der Weite des Wassers. Seitlich vom Ufer gesäumt, führt der Blick an dieser Stelle die Förde entlang auf das offene Meer hinaus. Obwohl das Krematorium bewusst innerhalb des Stadtgebietes verortet ist, um einer Ausgrenzung von Tod und Gedenken entgegenzuwirken, sorgt die Lage im Wasser dennoch für die nötige Intimität.

Die Typologie der Nachbargebäude aufnehmend, verbindet ein Steg das Gebäude im Wasser mit dem Ufer. Durch die Zuwegung über den Steg wird den Besuchern die Möglichkeit gegeben, sich auf dem Weg zum Gebäude zu sammeln, um den Ort als Trauer- Gedenk- und Begegnungsstätte bewusst erleben zu können.
Das Krematorium weist eine klare vertikale Gliederung auf, die einerseits die technischen von den kulturellen Bereichen trennt und andererseits Besucher der Gedenkstätten von den Trauergästen separiert. Die technischen Teile des Krematoriums sind daher im Untergeschoss angeordnet. Die kulturellen Bereiche des Krematoriums befinden sich dagegen im Erdgeschoss und bilden den sichtbaren Teil des Baukörpers. Als Schnittstelle zwischen dem Ober- und Untergeschoss dient die zweigeschossige Ofenanlage des Krematoriums: Während die Einfuhr der Särge dem Erdgeschoss zugeordnet ist, erfolgt die Ascheentnahme und -Aufbereitung im Untergeschoss. Die Außenanlagen mit Kolumbarium befinden sich auf den Dachflächen und werden über die Andachtshalle erschlossen.

Durch die Konzeption des Krematoriums ist es möglich, den Abschied eines Verstorbenen als einen zusammenhängenden Prozess zu erleben - mit einer bewussten und ganzheitlichen Begleitung. Das entwickelte Gebäude bildet einen Ort, der Raum für Erinnerung schafft und für Hinterbliebenen eine Begegnungsstätte bildet. Mit dieser feierlichen letzten Ruhestätte, als ein Ort für alle Konfessionen, Glaubensgemeinschaften und Atheisten, möchte ich zu einem würdevollen Abschied des Individuums von seiner weltlichen Existenz beitragen.