August / September 2010
Universität der Künste, Berlin
Gutshof Vollenschier
Künstlerateliers in der Altmark

Universität der Künste, Berlin
16.4.2010
Prof. Adolf Krischanitz Prof. Benedikt Tonon
Kulturbauten
Recherche, Ausarbeitung, Modelstudien Archicad, Artlantis, Illustrator, Indesign, Photoshop
„Jeder bauliche Eingriff bedingt eine Zerstörung – zerstöre mit Verstand!“
Zitat Luigi Snozzi
Die Idee des Projektes ist es, an einem neutralen Treffpunkt in der Mitte Deutschlands Künstlern einen Rückzugspunkt auf Zeit zu schaffen, an dem sie frei von Zwang und Hetze, Pflichten und Aufgaben, aber doch mit der Aufforderung zur Auseinandersetzung mit sich und ihrem Werk arbeiten können. Hier soll ein selbstständiges, konzentriertes Arbeiten unter besten Arbeitsbedingungen ermöglicht werden. Die Rückführung auf grundlegende, ursprüngliche Erfahrungen, fragende Ansätze und ein daraus resultierendes bewusstes Handeln sollen dabei erzielt werden. Das Werk der Künstler soll in der Gemeinschaft auf Zeit, fern der Hektik der Städte, in Ruhe und Abgeschiedenheit, vertieft werden können. Arbeit soll hier kein Wettbewerb sein. Ziel ist das Aufgehen in der Arbeit, der Landschaft, der Stimmung und der Atmosphäre. Das Arbeiten steht im Fordergrund, die Architektur bildet den Hintergrund, der gefüllt werden will. Dabei soll die Architektur sich nicht dem Bestehenden unterwerfen, sondern mit ihm konfrontiert werden.
Ort
Die Altmark ist im Norden Sachsen-Anhalts, westlich der Elbe zwischen Havelberg und Tangermünde, gelegen. Nordöstlich der abwechslungsreichen Landschaft der Colbitz-Letzlinger Heide, dem größten unbewohnten Gebiet Deutschlands, liegt das Landschaftsschutzgebiet Uchte- Tangerquellen, welches von der Bahnlinie Stendal- Gardelegen (Berlin-Hannover) durchquert wird. Nach Berlin, Hamburg oder Hannover sind es ca. 1,5 Stunden Fahrtzeit. Südlich dieser Bahnlinie, etwa 20 km südwestlich der Kreisstadt Stendal, befinden sich die alten Gutsdörfer Vinzelberg, Vollenschier, Wittenmoor, Ottersburg und Brunkau. In jedem steht ein Herrenhaus oder Gutsverwalterhaus, in Vollenschier sogar zwei. Das barocke Gutshaus wurde nach langem Verfall 2004 vom Sohn des ehemaligen Gutsherren restauriert. Das neobacksteingotische Schloss entstand zusammen mit der nahen Gutskirche zu Vollenschier um 1860. Die beiden damaligen Gutsherren „von Kröcher“ engagierten den Baurat von Hannover Konrad Willhelm Hase mit dem Bau. Rings um das Schloss entstand ein nach Plänen eines Lenné-Schülers gestalteter Park. Entlang der Verbindungsstraßen zu den Nachbargütern wurden Alleen angelegt. Die Geschwister von Kröcher lebten hier in einer gewissen klösterlichen Lebensweise ein abgeschiedenes Leben in der Mark. Das Gutshaus steht heute leer und bildet den Ausgangspunkt des Projekts. Dieses wird restauriert und nimmt die Ausstellungen und Veranstaltungen der kleinen Künstlerkolonie auf.
Der Gästeturm
Das Gästehaus im Zentrum des Dorfes erhält fast symbolische Bedeutung. Der Turm soll identitätsstiftend wirken und gleichsam die Gemeinde mit den Ateliers, und die Bewohner mit den Stipendiaten verweben. Er soll das Gesicht des Ortes schärfen und überzeichnen und als adressierende Geste den Auftakt des Projekts bilden. Er beinhaltet 10 Doppelzimmer, deren Grundrisse flexibel und variabel gestaltet sind. Über die freien Ecken der Zimmer hat man einen weiten Ausblick über die Landschaft und das Bauvolumen wird in seiner Massivität gebrochen. Im Erdgeschoss befindet sich die neue Dorfschenke als Ort des Austauschs und der Begegnung.
Die Werkhöfe
Die 4 Höfe sind in eine geschlossene Hülle eingeschrieben, und belichten die Ateliers. Es entsteht ein introvertierter und konzentrier Raum mit verschiedensten Möglichkeiten zum arbeiten in unterschiedlichen Dimensionen und verschiedenen Lichtverhältnissen. Das 170m² große Hauptatelier durchstößt den Riegel und bildet die physische Verbindung der weiten Landschaft mit dem Park. Das Südlicht wird durch ein weit auskragendes Vordach aus U-Schalen gedämpft. Durch eine Kranbahn in der Mitte des Ateliers können auch schwere Lasten für die Arbeit im Freien bewegt werden. Durch die verglasten Schiebfalttore im Hauptatelier ist ein leichter An- und Abtransport von Materialen gewährleistet. Eine Box, am Rundgang um den Hof, nimmt alle dienenden Funktionen auf und bietet eine Möglichkeit zum Rückzug vom Rückzug.
Die Turmateliers
Die 4 seriellen, nach Norden ausgerichteten Ateliers zeichnen sich klar gegen die Waldkante ab. Sie sind in den rekonstruierten Park eingebettet und werden nur durch den Wald erschlossen, eine Rampe führt hinab in das großzügige Atelier mit ausreichend Hängmöglichkeiten an den hohen Wänden. Das diffuse Nordlicht fällt durch einen hohen Lichtturm weit in das Atelier. Durch die Konstruktion des großen Atelierfensters aus konstruktiven Glasprofilen und der außen liegender Verglasung, wird für die meisten Tage des Jahres ein Lichteinfall ohne Schlagschatten ermöglicht. Der Wohnbereich befindet sich auf Erdgeschossniveau im hinteren Teil des Ateliers und bildet die Verschränkung mit dem Wald.