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1, 2006

Hochschule für bildende Künste Hamburg

Federball Propaganda

von Martin Luce, Sebastian Post

Hochschule:

Hochschule für bildende Künste Hamburg

Präsentation:

Dezember 2005

Lehrstuhl:

STUDIOK38, Tongji University Shanghai, Prof. Hartmut Frank

Rubrik:

Theoretische Themen

Software:

Hundert Wanderungen durch das Stadtareal von Shanghai. Stift / DV-Cam / QuarkXpress / Texteditor

Mit der Installation "Kleine Halle der Stadt des unaufhörlichen Fortschritts"
erfolgt die Simulation eines chinesischen Stadtplanungsmuseums. Die Methode
ähnelt dem ethnographischen Zugang von Anthropologen, sowie kulturwissenschaftlichen Mappings, bedient sich jedoch architektonischer
Werkzeuge. Das Ergebnis ist eine oftmals zufällig wirkende Bestandsaufnahme, die
nur eins gemeinsam hat: Sie verweigert sich der Übernahme einer im Zusammenhang mit Shanghaier Architektur dominanten Bildrhetorik, die schwanger von Fortschrittsmythen nur allzu oft die lokale Standortpolitik und ihre Profiteure bedient.
Anstatt sich mit dem eigentlichen ästhetischen Entwurf und der Bildebene von Gebäuden, mit der Planung sozialer Nutzungen andererseits auseinander zu setzen, werden Grundrisse und Flächenkartierungen sozialer Nutzungsräume erstellt. So werden Orte und Akteure sichtbar, die innerhalb der aktuellen Diskurse keine Relevanz haben - möglicherweise, weil sie unter der Schwelle europäisch geprägter ästhetischer Wahrnehmungsmuster verbleiben.

Federball Propaganda ist ein Dokument der gemischten Gefühle westlicher Beobachter,
die angesichts einer vermissten „Authentizität“ oder einer städtebaulich diagnostizierbaren „Zusammenhangslosigkeit“ entstehen. Detlev Ipsen wies darauf hin, dass jedes ästhetische Empfinden der „Schönheit eines Raumes“ unmittelbar mit der Glaubwürdigkeit der utopischen Energien, die seiner Ästhetik anhaften, verbunden ist. Veränderte sich die Glaubwürdigkeit des Entwicklungsmodells, so würden auch die diesem Modell entsprechenden Raumstrukturen ästhetisch uminterpretiert. Aus räumlichen Werten werde so „Abfall“.
Wer heute noch ironisch mit der reizvollen Hässlichkeit ostdeutscher Plattenbauten
oder der chaotischen Gesichtslosigkeit afrikanischer Slumsiedlungen flirtet, könnte schon bald selbst Bewohner eines architektonischen Repertoires sein, das mitsamt des ihm zugrunde liegenden Gesellschaftsmodells zum Niedergang verurteilt ist. Denn eines wird deutlich - die europäische Kulturtradition ist schon längst nicht mehr in der Position, „Entwicklungshilfe“ leisten zu können. Stattdessen wird sie zum Restereservoir, aus denen einzig archetypische, zum Klischee geronnene Images gesamplelt werden.
(Lu Yen Roloff)