Januar / Februar 2015
Universität Innsbruck
Eine Moschee für Innsbruck
Vorschlag für die Neugestaltung des Kaiserschützenplatz

Universität Innsbruck
Master
12.03.2014
studio3 - Experimentelle Architektur
Kulturbauten
Rhino3D, Cinema4D, Adobe CS
In Mitteleuropa, wo die Zahl der Muslime zwar rasch steigt, diese jedoch immer noch zu den Minderheiten zählen, unterliegt die Moschee aufgrund dieser Tatsache anderen Anforderungen, als in den Ländern, die vorwiegend islamisch geprägt sind. Wie die enorme Gestaltungsvielfalt der Moscheen auf der ganzen Welt zeigt, gibt es keine formalen bzw. architektonischen Vorschriften für deren Bau. Auch die Nutzungen weisen eine große Bandbreite auf, die sich von einem Extrem zum anderen spannt. Gibt es auf der einen Seite die Zentralmoschee eines Viertels, ja sogar einer Stadt, die von tausenden Menschen genutzt wird, mit zahlreichen dazugehörenden Sozialfunktionen, so gibt es auch die sogenannte „Hinterhofmoschee“, einem (meistens) einzelnen Raum zum Gebet für eine kleine Anzahl von Leuten.
Die Herausforderungen und Parameter für den Entwurf einer Moschee sind somit an lokale Faktoren gebunden. Der wohl wichtigste dieser Faktoren ist die soziologische und kulturelle Struktur eines jeden Ortes. Aus gesellschaftlicher Sicht besteht der Bedarf an Moscheen in Mitteleuropa schon seit Längerem. An dieser Stelle ist es wichtig festzuhalten, dass hier unter dem Terminus „Moschee“ keine Repräsentationsbauten, oder „identitätsstiftende“ Architekturen zu verstehen sind. Es sind vielmehr flexible, transformierbare Räume gemeint, die neben dem nötigen Raumprogramm (Gebetsraum und Möglichkeit zur Gebetswaschung), programmatische Diversität aufweisen. Diese Sichtweise ist als „Urfunktion“ der Moschee zu verstehen, denn sie ist keinesfalls eine „moderne“ Interpretation. Schon die ersten Moscheen in der Geschichte des Islams dienten neben dem Gebet, als Versammlungsorte und soziale Reibungspunkte. Die Prophetenmoschee in Medina diente zum Beispiel als Gemeindezentrum, Gericht und Schule.
Genau diese potenziellen Qualitäten der Moschee, nämlich die variable Bespielung des Raumes ermöglicht es, sich äußerst dynamisch und flexibel an vorhandene Gegebenheiten anzupassen. Betrachtet man nun den Begriff Moschee von diesem Standpunkt aus, eröffnen sich dem Betrachter (egal ob Muslim oder Nichtmuslim) zahlreiche Optionen zur Umsetzung solcher Hybride. Tradierte Formen verlieren von selbst an Bedeutung und schaffen unendlichen Raum für neue Möglichkeiten.
Die Moschee am Kaiserschützenplatz versteht sich ganz im Sinne der arabischen Bezeichnung “Dschami’ ” - “Ort der Versammlung”. Sie ist Gebets-, Kultur-, und Bildungshaus und gleichzeitig öffentlicher Platz, der jedem frei zur Nutzung steht. Durch die Vielfalt und die Freiheit der Bespielung sollen sich neue Möglichkeiten zum gemeinsamen Dialog zwischen MuslimInnen und NichtmuslimInnen eröffnen. Vorurteile könnten beseitigt werden und Ängste abgebaut. Dieser Entwurf gilt als Denkanstoß für uns Muslime. Es ist von absoluter Wichtigkeit, das Thema “Moschee” kritisch zu hinterleuchten und den ernsten Versuch zu wagen, neue Formulierungen und Parameter für den Moscheenbau zu finden, die der heutigen Zeit entsprechen.